Ausstellung Galerie Galerie Köppe Contemporary
Roeckenschuss experimentierte in seiner abstrakten frühen Entwicklungsphase in den späten 1950er Jahren mit Rechtecken, Kreisen und signalhaften Gebilden, deren Farben (meist Lacke) – von der Pop-Art inspiriert – oft stark miteinander kontrastieren. In den 1960er Jahren ist sein Anliegen „über das Gerüst von Geometrie und Systematik, einen persönlichen Ausdruck zu finden, der sich besonders in der Farbe manifestiert. So sollen sich gleichsam dort das Unbewusste und die Imagination entfalten.“ Er arbeitet an Bilderreihen, in denen es um die ausgeklügelte Organisation punktischer Bildelemente ging. 1975 beginnt Roeckenschuss unter dem Titel „séquences chromatiques“ eine Serie von streng vertikal angelegten Streifenbildern. Der Künstler malte oder collagierte Reihungen farbiger Streifen. In einigen Bildern sind diese Streifen schmal und lang, in anderen breit und kurz. Mal sind die Streifen äußerst präzise aneinander gefügt, manchmal gibt es freie Zonen zwischen ihnen. Aber immer stehen die Streifen in einem raffinierten mathematischen System zueinander. In den 1980er Jahren entstehen großflächige Werke mit Holographie-Effekten, stets auf quadratischem Format. In dieser Zeit realisiert Roeckenschuss auch Collagen mit Gold und Silber-effekten, die sich durch die Bewegung des Betrachters verändern.
„Die Farbnuancen selbst sind in ihrer räumlichen, symbolhaften, emotionalen und psycho-logischen Wirkung genau kalkuliert. Sie bilden eine harmonische Abfolge, von hell zu dunkel oder umgekehrt. Oder sie bilden eine Interaktion von Farben, deren delikate Kombinationen und deren subtiles Spiel mit der Leuchtkraft von Farben und der Intensität von hellen oder sich verdunkelnden Zonen eine Vielzahl von Reaktionen beim Betrachter bewirken." Sie können Auslöser sein von Kontemplation oder Meditation. Und ihre illusionistische Raum- wirkung kann zu Irritationen, Vibrationen oder beispielsweise auch zur Vorstellung optischer Klänge führen – oder sogar zur Auffassung, eine physisch spürbare Energie wirke auf den Betrachter ein.
Roeckenschuss selbst hat seine Bilder als lyrisch bezeichnet – „denn die (klassische) Musik hatte mich von frühen Jahren her beeinflusst, der Ton, die Nuance, letztendlich die Farbe!“. Er selbst nannte seine monochromen Farbstreifenbilder „séquences chromatiques“ – Farbstufenbilder. „Die Farbe drückt meist schon mein Anliegen aus – das schließt kaum hörbare oder sehbare Farbtöne ein“.
Christian Roeckenschuss wurde 1929 in Dresden geboren. Von 1948 bis 1951 studierte er in Dresden Klavier und Gesang. 1951 ging er nach West-Berlin und studierte Malerei an der Hochschule der Bildenden Künste (1951-1957). Er besuchte die Klasse des vom Bauhaus inspirierten Zeichner und Metallbildhauer Hans Uhlmann (1900-1975) und wird Meisterschüler des abstrakten Künstlers Alexander Camaro (1901-1992). Dessen Arbeiten sind durch mathematische Genauigkeit und scharf umrissene Formen sowie Zeichen charakterisiert. Inspiriert von Camaro und orientiert an der klassischen (abstrakten) Moderne führt Roeckenschuss künstlerischer Weg, der anfangs noch bestimmt war von figurativen Motiven und der Auseinandersetzung mit der surrealistischer Malerei, zur konstruktiven Kunst und zur Minimal Art. Kunst vom Gegenstand befreit und auf klare Farben, geometrische Formen (Kreise und Quadrate) und Ordnungssysteme (Raster) reduziert, sind schließlich das Thema, das Christian Roeckenschuss ein Leben lang nicht loslassen wird.
„Zur abstrakten Kunst führte mich ein ganz eigener Weg“, beschreibt Roeckenschuss 2011 seine künstlerische Entwicklung in einem Brief. „Ich hatte eine große Vorliebe für Piet Mondrian und Hans Arp, dem ich in Meudon, Frankreich, begegnete. Mich interessierte auch Lucio Fontana, den ich in Mailand getroffen habe. Eine Verbundenheit gab es auch mit den Künstlern der geometrischen Abstraktion und der Minimal Art. Und einen Einfluss auf meine Arbeit hatte auch die OP-ART mit ihren Systemen. Aber mit meinen eigenen Empfindungen fühlte ich mich Europa mehr hingezogen. Und dort liegt auch mein Fühlen und Denken“.
Christian Roeckenschuss – Ein früher Vertreter des Minimalismus in Europa und Avantgardist der abstrakten Nachkriegskunst.
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