Ort: Galerie Mario Iannelli bis: 2011-09-03
Künstler: Silvia Iorio
Thema: Galerie Mario Iannelli Berlin freut sich, mit Odysseia den zweiten Teil eines ortsspezifischen Projekts der Künstlerin Silvia Iorio zu präsentieren. Silvia Iorio wurde im Mai 2010 zu einer ersten Ausstellung in London eingeladen. Dort zeigte sie in der Gruppenausstellung ”Sorry, We’re Open!” in der London Metropolitan University den ersten Teil der interaktiven Arbeit Odyssey. Odyssey besteht aus 160 farbigen Schaltern und wurde mit der Intention erdacht, die üblichen Bedeutungszuweisungen von Zeit und Raum mittels einer direkten Bezugnahme auf die physische Theorie des Entanglement infrage zu stellen: Zwei gegebene Elemente, in diesem Fall die Glühlampe und der Schalter zur Aktivierung der entsprechenden Beleuchtung, werden miteinander verschaltet - einer Aktion entspricht die unmittelbare Reaktion. Dennoch funktioniert Odyssey 2010 | Odysseia 2011 etwas anders: Das Publikum wurde aufgefordert, die Schalter auf dem Schaltfeld frei zu betätigen. Da aber im Raum keine Glühlampe vorhanden war, ging in jenem Moment scheinbar kein Licht an. Die Bedeutung dieser Abwesenheit ergibt sich aus dem Konzept der Verschiebung. An jenem Abend wurden in der Tat viele Lichter angeschaltet, die – wenn auch für das menschliche Auge unsichtbar, und zwar wegen eines in der Gleichzeitigkeit der Ereignisse begründeten Paradoxes – damit ihre Reise durch das Universum begannen, um die immense Distanz eines Lichtjahres zu durchmessen. Trotz des zeitlichen Abstandes von einem Jahr zwischen Aktion (Anschalten) und des Sichtbarwerdens der Reaktion (Beleuchtung) finden beide Ereignisse im selben Augenblick statt. Sie sind lediglich geografisch so weit voneinander entfernt, dass diese Gleichzeitigkeit scheint, als sei sie um ein Jahr verspätet. Während der Dauer dieses Lichtjahres hat die Künstlerin die verschiedenen Erfahrungen des Publikums, das an jenem Abend in London – vor einem Jahr – die Schalter gedrückt und sich damit dem Odyssey-Projekt angeschlossen hat, überwacht und gesammelt. An jedem 12. eines Monats erhielten jene Personen eine E-Mail mit der Frage, was sie exakt an dem Zeitpunkt, der dem des Anschaltens entspricht, gerade taten, an was sie dachten und ob ihre Körper und ihr Geist untereinander ”verschaltet“ seien oder nicht. Genau ein Jahr nach Beginn des Projekts, nach einer außergewöhnlichen Reise, auf der es konzeptuell die am weitesten entfernten und (noch) unbekannten Punkte des Universums berührt hat, steht das Licht nun kurz davor, zur Erde zurückzukehren. Am 12. Mai 2011 öffnet Odysseia seine Türen in Berlin, um den Wahrnehmungskreis der simultanen Verschiebung, von einem anderen Ort hin zu einer anderen Zeit, die aber doch die selbe ist, zu schließen: 160 Glühlampen gehen genau in der gleichen Folge an und aus, in der sie vor einem Jahr aktiviert wurden. Die Reise des Lichts durch Raum und Zeit wird mittels einer großen Anzahl von imaginären Himmelskarten verbildlicht. Was tust du gerade? An was denkst du? In der Epoche der sozialen Netzwerke werden diese Fragen regelmäßig gestellt, aber ihre Bedeutung ist in der Leere des Internets außer Kraft gesetzt. Mit dem Odysseia-Projekt, das in zwei raumzeitliche, weit entfernte und trotzdem untrennbar miteinander vernetzte Momente (oder Bewegungen) unterteilt ist, vereint Silvia Iorio den Betrachter mit seiner eigenen menschlichen und sinnlichen Erfahrung wieder, indem sie die Idee der Wahrnehmung auf eine höhere Stufe hebt.
Ort: Galerie Mario Iannelli bis: 2011-04-16
Künstler: Ciriaco Campus
Thema: Galerie Mario Iannelli Berlin freut sich die Ausstellung Fabrik Deutschland des Künstlers Ciriaco Campus präsentieren zu dürfen. Die Ausstellung besteht aus zwei Teilen: zum einen dem titelgebenden Video und einer Serie von Stills mit malerischen Interventionen Campus, zum anderen aus einer Reihe von Arbeiten, die dem Brandenburger Tor gewidmet sind - ein Thema, das Campus in Form von Installationsprojekten und Arbeiten auf Papier seit 1992 immer wieder aufgreift. Campus Intention ist es, die frühere Violinenfabrik mit Fabrik Deutschland zu neuem Leben zu erwecken, indem er sie in eine Bilderdeponie verwandelt. Die Bilder, die von Bürgern, Vereinen, Institutionen, Unternehmen, Schulen und Universitäten frei eingeschickt wurden, beziehen sich auf die Erinnerung an die jüngste Geschichte der Deutschen, und zwar insbesondere auf jenen Teil, der vom Bau der Berliner Mauer bis in unsere Tage reicht. Fabrik Deutschland sammelt, ordnet und speichert die Bilder nach allgemeinen Bereichen, fachlichen Kategorien und kleinsten Details und erstellt auf diese Weise eine Datenbank mit tausenden von fotografischen Zeugnissen der politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Geschichte Deutschlands. Jede eingegangene Information wird vom Programm der Fabrikmaschine automatisch angenommen oder aussortiert. Dies geschieht auf der Grundlage eines ethischen Wertungskriteriums, über das zwischen den politischen und institutionellen Kräften des Landes Konsens herrscht und das sich am Prinzip des materiellen und seelischen Wohlergehens aller Bürger orientiert. Die Daten werden von auf dem Fabrikdach aufgestellten Empfängermasten gesammelt, dann ins Innere auf einen großen Monitor weitergeleitet und gespeichert, indem sie von einer mechanischen Presse unter ohrenbetäubendem Lärm zerquetscht werden.Der durch das Zusammenpressen der Bilder hervorgerufene rhythmische Effekt trägt dazu bei, den Besucher in eine hypnotische Spirale zu versetzen, in die dieser hineingesaugt wird: kaum dass ein Bild auf dem Schirm erscheint, taucht irgendwo aus dem Gedächtnis eine Erinnerung auf. Dieser kann sich der Besucher jedoch nicht hingeben, weil das Bild unerbittlich zusammengedrückt und sofort durch das nächste ersetzt wird. Fabrik Deutschland gewährt dem Publikum Einblick in einen Teil seines Archivs. Es handelt sich um eine Auswahl von Bildern, die zu diesem Anlass völlig zufällig angeordnet werden: der Besuch Kennedys in Berlin oder der Fall der Mauer erscheinen neben dem Foto einer Fernsehpersönlichkeit oder dem des Sieges Deutschlands bei der Fußballweltmeisterschaft. Ciriaco Campus wurde in Bitti, Sardinien geboren und hat seine Ausbildung in Mailand absolviert. Er lebt und arbeitet in Rom, wo er Bildhauerei an der staatlichen Kunstakademie lehrt. Zentraler Gegenstand der künstlerischen Arbeit von Campus sind die Themen der Kommunikation und der Erinnerung. Seine teils großformatigen Installationen und Videoinstallationen sind immer ortsbezogen.