Ort: Galerie Carolyn Heinz bis: 2023-09-16
Künstler: Gesa Lange
Thema: Gesa Lange arbeitet hauptsächlich in den Medien Zeichnung und Installation und setzt dabei einen Schwerpunkt auf die Grundbedingungen künstlerischen Tuns: Zeit, Raum, Zustandswechsel. Weiterhin erforscht sie das Mit- und Ineinander von Linien und Flächen. Zu ihren eher malerisch anmutenden Graphitzeichnungen gesellt sich eine Vielzahl von Fadenzeichnungen mit textilen Strukturen. Neu ist die Einbeziehung von mit Temperafarben gesetzten Rastern und Schichtungen, die im Handdruckverfahren auf die Leinwand oder das Papier gebracht werden. In der aktuellen Ausstellung untersucht Gesa Lange Fragen eines ‚Davor‘ und ‚Dahinter‘: Wie wird die Wahrnehmung durch den ersten Eindruck, durch Sehgewohnheiten und schnelle Einordnung geprägt? Was geschieht, wenn Ebenen ineinenandergreifen und sich nicht klar voneinander trennen lassen? Welche Rolle spielen Licht und dunkle Passagen beim Vorgang des Betrachtens? Lassen sich auch hier nicht immer wieder Wahrnehmungsverschiebungen ausmachen, Gewissheiten und Grenzen sich verrücken und neu justieren? Alle Wege von Gesa Langes Zeichnungen führen in die Ambiguität. Der Betrachter ist hin- und hergerissen zwischen dem Gefühl von Gestaltwerdung und Auflösung, von Klarheit und Ungewissheit – Chiffren der Mehrdeutigkeit eben. Gesa Lange studierte Freie Kunst an der HFBK Hamburg, an der sie ihren Master of fine Arts absolvierte. Ihre Arbeiten wurden in zahlreichen Ausstellungen in Deutschland und dem europäischen Ausland gezeigt und sind in öffentlichen Sammlungen des Museums Pfalzgalerie Kaiserlautern, des Kunstmuseums Villa Zanders, der Stadt Katrineholm (Schweden) sowie den Künstlerbuchsammlungen des Museum Reina Sofia Madrid, des Museu d’Art Contemporani de Barcelona, der Hamburger Kunsthalle, den Staatlichen Museen zu Berlin und der Weserburg, Museum für moderne Kunst, Bremen, vertreten. Seit 2011 hat sie eine Professur für Zeichnung an der HAW Hamburg inne. Gesa Lange lebt und arbeitet in Hamburg.
Ort: Galerie Carolyn Heinz bis: 2023-06-17
Künstler: Astrid Köppe, Susanne Piotter
Thema: Concrete Matters Astrid Köppe | Susanne Piotter Auf den ersten Blick unterscheiden sich die Arbeiten der Künstlerinnen Astrid Köppe und Susanne Piotter auf vielerlei Ebenen. Und doch spürt man, dass sie beide dem gemeinsamen Prinzip eines sehr offenen Entwurf folgen, der vielschichtige Perspektiven erschließt, ja sogar einfordert. Oberflächen, Formen und Farben kommunizieren miteinander, bilden Gegensätze, nähern sich an, spielen miteinander. Zunächst fallen die unterschiedlichen Materialien ins Auge: Während Susanne Piotter ihre architektonisch oder ornamental anmutenden Plastiken aus Beton gießt und nur gelegentlich teilweise farbig fasst, verwendet Astrid Köppe für ihre zarten Zeichnungen auf Papier Aquarell, Pastell, Bleistift, Farbstift, Kohle und Tusche oder farbige Emaille für ihre großformatigen Arbeiten. Susanne Piotter entwickelt ihre Plastiken aus der Negativform heraus, ohne letztlich „im Vorhinein eine präzise Vorstellung vom Positiv zu haben“. Ihre Objekte haben zudem oftmals keine eindeutige Positionierung, lassen sich also auf verschiedene Weisen aufstellen, so dass sich Auf- und Durchsichten verändern. Astrid Köppe formt ihre Motive vor ihrem inneren Auge, um sie dann zeichnerisch auf dem Papier in DIN A4 oder im großen Format als Emaillen in die Welt zu setzen. Beide Künstlerinnen finden zu Formgebungen, die uns einerseits vertraut, gleichzeitig aber auch fremd erscheinen. Durch diese Erfahrung einer kognitiven Dissonanz sind wir gezwungen, uns selbst den Weg zu suchen. Die Zeichnungen oder Skulpturen geben keine Hilfestellung in direkter Weise, aber immerhin doch insofern, dass sie durch die Stimmigkeit der Darstellung uns die Möglichkeit einer anderen Ordnungsbildung spüren lassen.
Ort: Galerie Carolyn Heinz bis: 2023-04-15
Künstler: Gesa Lange, Katja Pudor, Robin Sperling, Helmut Sturm, Alan Uglow u.a.
Thema: Werke aus Galeriebestand und Privatbesitz Zeichnung, Collage, Malerei
Ort: Galerie Carolyn Heinz bis: 2023-02-10
Künstler: Moritz Hasse, Esther Naused
Thema: Räume von unbestimmter Topographie, in deren undurchsichtigen Weiten sich der Betrachter unentrinnbar verliert – Straßenzüge oder Plätze, die sich selbst genügen und in denen die Zeit still zu stehen scheint – gemeinsam ist beiden Positionen der Ausstellung LichtSchattenRaum mit Arbeiten von Esther Naused und Moritz Hasse die Konzentration auf den Moment, auf das Innehalten an einem spannungsreichen Balancepunkt, der den Betrachter in einem Schwebezustand hält. Moritz Hasse bereist Großstädte und fotografiert. Dann kehrt er in sein Atelier zurück und übersetzt diese eingefrorenen Momente in Ölmalerei. Es entstehen keine fotorealistischen Arbeiten, sondern transformierte Wirklichkeiten. Zu sehen sind nicht die Prachtboulevards oder Sehenswürdigkeiten der Metropolen, sondern ihre ganz gewöhnlichen, profanen Orte. Hasse zeigt sie menschenleer oder mit wenigen entindividualisierten Personen. Ihrer städtischen Vitalität beraubt sind es Bilder voller Sinnlichkeit und dabei von einer prosaischen Ruhe, wie sie einem manchmal ganz früh morgens begegnet, bevor das Leben der Stadt beginnt. Kein Detail beansprucht besondere Aufmerksamkeit, ebenso ist nichts als nebensächlich gekennzeichnet. Alles wirkt alltäglich, verbindlich und erzeugt dennoch zugleich eine seltsame Irritation. Hasses Bilder halten an einem Punkt inne, an dem sie einerseits den Blick des Betrachters in die Tiefe ziehen, ihn andererseits durch ihre Unnahbarkeit zurückweisen und auf Distanz halten. Moritz Hasse, geboren 1972 in Bremen, studierte Freie Kunst an der Muthesius-Hochschule Kiel und der Hochschule der Bildenden Künste in Berlin, wo er sein Studium mit dem Meisterschüler abschloss. Studienaufenthalte in Moskau und New York. Moritz Hasse lebt und arbeitet in Chorin, Brandenburg. Esther Nauseds kleinformatige Arbeiten auf Papier sind Konstruktion und freier prozesshafter Entwurf zugleich. Was stimmig ist, wird in einem Prozess kontrollierter Variation entdeckt. Auf flüchtigen Momenten der Erinnerung an alltägliche Eindrücke gründend bleiben Nauseds Arbeiten dennoch ungegenständlich. Geheimnisvolle Räume tun sich dem Betrachter auf, ohne dessen eindeutiger Verortung im Drinnen oder Draußen. Sichtblockaden und Durchblicke, feste Strukturen und fließende Oberflächen, Horizonte und Spiegelungen - und immer spielt das Licht eine entscheidende Rolle. Mal sind es dynamische Formationen, mal stille, sanfte Raumbilder. Konzentration auf das Wesentliche, Prägnanz und äußerste Reduktion der Mittel bei größtmöglicher Dichte zeichnen die Kleinodien von Esther Naused aus. Sie belassen den Betrachter in einem Zwischenraum, einem Erfahrungs- und Interpretationsraum höchster Intensität.
Ort: Galerie Carolyn Heinz bis: 2022-11-19
Künstler: Andreas Hildebrandt, Alice Musiol, Katja Pudor, Johannes Regin
Thema: Die Ausstellung beschäftigt sich mit dem Thema Druckgrafik. Gezeigt werden Arbeiten von vier Künstlerinnen und Künstlern, die sich auf je eigene Weise mit diesem künstlerischen Medium und den verschiedenen Techniken auseinandersetzen. Gezeigt werden Radierungen, Linolschnitte, Monotypien und Siebdrucke.
Ort: Galerie Carolyn Heinz bis: 2022-03-05
Künstler: Katharina Büche und Martin Kasper
Thema: DISCO Katharina Büche und Martin Kasper 11. Februar – 5. März 2022 Es ist voll, stickig, die Musik hämmert, die Spiegelfacetten der Discokugel werfen glitzerndes Licht durch den Raum, wie im Rausch drehen sich die Tänzer: Strudel der Sinne… (der uns allen zur Zeit ein bisschen fehlt). Die Sinne verwirren, das wollen auch die neuen Arbeiten von Katharina Büche und Martin Kasper. Das von Katharina Büche vielfach eingesetzte Material Fell birgt mehrere Aspekte: mit seinen spezifischen Eigenschaften ist Fell ein Werkstoff mit eigenständiger Wirkung, aber er bleibt auch stets mit der Assoziation „Tier“ und all seinen – auch emotionalen – Bedeutungsfacetten verknüpft. Als Haut mit Haaren ist Fell nicht zuletzt Oberfläche, die das Innen vom Außen trennt, abgrenzt, schützt, aber auch verletzlich bleibt. Unablässig überlagern und verknoten sich diese Aspekte von Material und Bedeutung, lassen sich nicht voneinander trennen und bestimmen und verwirren unsere Wahrnehmung(en). In ihren neuen Arbeiten beschäftigt sich Büche u.a. mit dem Thema Schwere, Leichtigkeit und Bewegung. Es gibt große, hängende Objekte aus gefärbtem Schaffell, die mit dem Gegensatz der Schwere des Materials und der Leichtigkeit des Schwebens spielen. Eine sanft tanzende Drehung der an durchsichtigen Nylonfäden hängenden Gebilde konterkariert zudem ihre massige Körperhaftigkeit und scheint sie mit Leben zu erfüllen. Und es gibt kleinere stehende Fellfiguren, die sich zwar einerseits in die Höhe schrauben, durch ihre Formfigur aber eher Schwere und Bedächtigkeit ausdrücken. Bislang drehten sich Martin Kaspers eigentümliche, menschenleere, bühnenbildgleiche Räume bereits auch um die Frage, wie es um die objektive Welt bestellt ist und ob sich diese nicht als reine Vorstellung, als Schein entlarvt. In seiner neuen Bildserie „Spiegelungen“ kombiniert er nun die Sujets Stillleben, Raumbild und Figur in einem metamorphotischen Wandel zu einem schwindelerregenden Spiel. Als Gegenstände dienen, wie in klassischen Stilleben, Früchte, Gemüse oder ein Schädel mit ihren jeweils spezifischen „Physiognomien“. Als Figur zeigt der Künstler sich selbst, der Raum ist ganz offensichtlich sein Studio. Bild, Abbild, Verzerrung und Auflösung – vorbei ist die Dominanz klarer, perspektivischer Linienführung, wie sie in Kaspers früheren Bildern vorherrschte. Jetzt bestimmen Kreis- und Ovalformen, die bisweilen an die Linse eines Auges oder einer Kamera erinnern, das Bildgeschehen. Von einem Zentrum aus nimmt die Verzerrung stetig zu bis hin zur Deformation und ornamentalen Auflösung. Innen und außen, Gegenstand, Bild und Abbild, alles verschwimmt. Kasper treibt die Idee des mise en abîme voran, des Bildes im Bild. Hier zeigt sich erneut, dass Kaspers Arbeiten auf den malerischen Transformationsprozess selbst verweisen, auf die Frage nach dem Wesen der Kunst und ihrem Bezug Wirklichkeit. Katharina Büche (*1963 in Karlsruhe) lebt und arbeitet in Stäfa bei Zürich. Büche studierte Freie Kunst an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe bei Prof. Rainer Küchenmeister. Sie arbeitet in den Medien Malerei, Objektkunst und Collage. Ihre Arbeiten waren bereits in zahlreichen, auch musealen Ausstellungen in Deutschland und der Schweiz zu sehen. Martin Kasper (*1962 Schramberg im Schwarzwald) lebt und arbeitet in Freiburg im Breisgau. Er studierte Freien Kunst, ebenfalls an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe. Kaspers kulissenhaften Raumbilder waren bereits in zahlreichen, auch musealen Ausstellungen in Europa, Amerika, Russland und Asien zu sehen. Martin Kasper ist Mitglied im Deutschen Künstlerbund.
Ort: Galerie Carolyn Heinz bis: 2008-10-04
Künstler: Katharina Ismer
Thema: Bedeutende Malerei erschließt die Welt. In Katharina Ismers Bildern ist es eines der zentralen Themen der Moderne, die Spannung zwischen Zivilisation und Natur, die den Prozess der malerischen Gestaltung vorantreibt. Einerseits fügen sich in ihren Bildern strenge geometrische Formen zu einer tragenden Struktur zusammen, andererseits gerät dieses Gefüge dadurch in Bewegung, dass ein Gewirr verzweigter, naturhaft wuchernder Linien sich an die Struktur anheftet, sie überlagert oder in sie eindringt. Der Exaktheit der Konstruktion wird die freie malerische Geste entgegengestellt. Das Spiel der Gegensätze setzt sich im Inneren der Extreme fort. Wenn die das Bild zusammenhaltenden Strukturen an aufeinander getürmte Bauelemente, oft an ganze architektonische Komplexe erinnern, so wird dies durch den großen Reichtum von (oft leichten) Farben, in denen die Elemente erscheinen, wieder dementiert. Das Technische der Konstruktion verwandelt sich in eine ortlos schwebende Phantasiearchitektur. Auf der anderen Seite verweigert sich das organisch wuchernde Liniengewirr der Vielfarbigkeit der Natur. Bisweilen weist es eine einheitlich grüne oder blaue Tönung auf, bisweilen ist seine Erscheinung dunkel bis hinein ins Schwarze. Auf diese Weise gewinnt der tragende Gegensatz eine immer neue Ausdeutung. Wenn das System geometrischer Strukturen auf ein gestisch wucherndes, vegetabiles Geflecht trifft, kann dies einen eher harmonisch-romantisierenden, ebenso aber auch einen düster-morbiden, fast apokalyptischen Charakter annehmen – ganz unterschiedlich geht das Kräftemessen zwischen diesen beiden Polen aus. In einigen Bildern schmiegen sich Schlingpflanzen an die scharfkantige Architektur, verleihen ihr weiche Züge, vermenschlichen sie, in anderen überwuchern sie die gefügten Bauelemente, erobern sich ihr Recht zurück wie ein Urwald, wenn er sich über verlassene Städte legt. Erinnerungsspuren sind in den Bildern zu entdecken, darauf verweisen auch ihre Titel. Aber es geht nicht um eine reine Wiedergabe der unmittelbaren Eindrücke. Das Sichtbare muss aufgelöst, eine neue, eigene bildnerische Realität geschaffen werden. So dringen die Bilder von Katharina Ismer in die an der Oberfläche nicht sichtbaren wesentlichen Bedeutungen unserer Lebensräume ein.
Ort: Galerie Carolyn Heinz bis: 2008-08-02
Künstler: Moritz Hasse, Peter Nikolaus Heikenwälder, Matthias Reinmuth, Yin Meng, special guest: Bodo Baumgarten
Thema: Matthias Reinmuth, "Wo die hohen Tannen stehn, kann man eine Wiese sehn", 2008, Acryl und Öl auf Leinwand, 105 x 90 cm Sommerlich wird’s in der Ausstellung mit Malereien von Moritz Hasse, Peter Nikolaus Heikenwälder, Yin Meng und Matthias Reinmuth - gleißendes Licht, florale Formen, sphärische Farblandschaften. Moritz Hasses (*1972 in Bremen) Thema sind Straßenzüge in Großstädten. Mit einheitlich großem Pinsel malt Moritz Hasse Straßenansichten nach Fotos. Es sind ruhige Bilder, die nicht die repräsentativen Sehenswürdigkeiten einer Stadt zeigen, sondern die namenlosen Straßen, in denen Menschen leben, in denen der Alltag sich abspielt. Aber halt, leblos liegen die Straßen da, keine Menschen bevölkern sie, keine Autos sind in Bewegung. Man wittert Abgründe, Abgründe der Normalität. Yin Meng (*1973 in Chong Qing) arbeitet mit einer Kombination von Papierschnitt und Ölmalerei. Yin Mengs Bilder gehen auf direkte visuelle Erlebnisse zurück, versuchen jedoch das nicht sichtbare des Augenblicks, die Atmosphäre, einzufangen, nicht die Situation an sich. Phantastische Figuren tummeln sich in malerischen Traumlandschaften. Yin Mengs Arbeiten sind Ausdruck persönlicher Erfahrungen, Empfindungen, Überraschungen in einer ihr fremden Kultur. Ein ähnlich traumhafter Charakter verbindet die Arbeiten von Matthias Reinmuth (*1974 in Heilbronn). Poetisch schweben Versatzstücke der Realität durch ein Meer raumloser Malerei. So durchwandert der Betrachter Gebiete reiner Malerei, in denen es um nichts als Farbe zu gehen scheint, um im nächsten Moment an klar definierbaren Gegenständen hängen zu bleiben. Was machen sie hier, was wollen sie erzählen? Wie zwei Bewusstseinszustände treffen die Ebenen in Reinmuths Malerei aufeinander, reiben sich und verbinden sich zu einer Einheit. Zu einer Einheit fügt sich auch die Mischung aus abstrakten und gegenständlichen, festeren und sich auflösenden Formen in Peter Nikolaus Heikenwälders (*1972 in Hamburg) neuen Arbeiten. Aus dämmerigem Frühnebel entwickeln sich zarte, gewebeartigen Strukturen. Aus der Nähe chaotischer, scheinen sie sich von Ferne zu Landschaften zu fügen. Ein roter Ball rollt durchs Bild, graphische Elemente ziehen sich in den Bildraum hinein. Sie bilden aus der Nähe Punkte der Ruhe, während sie wiederum aus der Ferne betrachtet, kaum noch ordnungsstiftende Funktion haben.
Ort: Galerie Carolyn Heinz bis: 2008-06-21
Künstler: Constanting Grüning
Thema: In der starken Farbigkeit und der bedeutungsschweren symbolischen Aufgeladenheit heutiger gegenständlicher Malerei bleibt inzwischen kaum noch Raum für die reine Erforschung von Form und Farbe bzw. deren perfekte Verarbeitung. In einer Zeit der Reizüberflutung nimmt sich aber auch der Betrachter kaum noch die Muße, sich auf reine Farbwirkungen einzulassen, deren Klang zu erleben, Harmonien und Disharmonien nachzuspüren. Constantin Grünings Arbeiten widersetzen sich diesen Trends. Will man sich seinen Bildern nähern, muss man erstmal einen Gang zurückschalten und etwas genauer hinsehen. Unser alltägliches Sehen ist geprägt von stark strukturierten, inhomogenen Eindrücken. Das Erfassen insbesondere großer monochromer Flächen entspricht hingegen keiner vertrauten Erfahrung. Vielleicht erlebt man dies am ehesten am Meer, wenn man den je nach Lichteinfall und Wellenlage bewegten Blautöne des Wassers nachsinnt oder auf dem Rücken liegend in den blauen Himmel schaut. Wie sinnlich berauschend und gleichzeitig irritierend sind solche Erfahrungen. Die üblichen Wahrnehmungsprozesse der räumlichen Organisation finden bei homogenen Flächen keinen Anhaltspunkt. Durch ihre Gegenstands- und Formlosigkeit befördern sie das subjektive Erleben und erschweren eine ihnen gegenüber distanzierte, objektivierende Haltung. Für die Ausstellung hat Constantin Grüning sich als Bezugsform das Quadrat gewählt. Die großformatigen Quadrate sind zweigeteilt. Jede Hälfte hat ein anderes Farbthema. Sie erzeugen aber eher die Erfahrung eines diffusen Farbmeeres denn einer planen Fläche. Durch den Auftrag lasierender Schichten unterschiedlicher Farben oder Farbtöne überwiegt zwar zunächst der Eindruck der obersten Farbschicht. Aber bei bestimmten Lichtverhältnissen treten zunehmend auch die untere Farbebenen aus der Tiefe hervor, ohne dass der Betrachter sie als Fläche oder Schicht wahrnehmen könnte. Unter anderen Lichtbedingungen verdichtet sich die Oberfläche wieder fast vollständig. In diesem Moment erlebt der Betrachter eine monochrome Fläche, die jedoch deutliche Spuren des Farbauftrags aufweist. Diese kontrastierende sinnliche Erfahrung von Transparenz auf der einen und geschlossener, deutlich strukturierter Oberfläche auf der anderen Seite erzeugt eine ganz besondere Spannung in Grünings Bildern. Auch die scheinbar eindeutig einfarbigen Quadrate sind Produkte feiner Schichtungen von Farbnuancen. Nur so erreichen sie eine Farbtiefe, die sich von der eines einmalig deckenden Farbauftrags unterscheidet. Die Oberfläche scheint zwar undurchdringlich, aber das Auge ist dennoch in der Lage, in die darunterliegenden Farbschichten durchzudringen – wenn auch nicht bewusst. Diese verschiedenfarbigen Quadrate ordnet Grüning in Gruppen oder Reihen. Keine Farbe ist für sich allein wichtig oder dominiert über die andere. Die innere Spannung ergibt sich hier aus dem spezifischen Verhältnis der Farben zueinander. Constantin Grünings monochrome Malerei übt in ihrem Wechselspiel der Eindrücke eine besondere Faszination aus. Sie tritt in eine Wechselwirkung mit dem sie umgebenden Raum, dominiert ihn weder, noch lässt sie ihn unberührt. Und ebenso lässt sie dem Betrachter die Wahl. Sie drängt sich nicht auf, aber sie bietet die Möglichkeit einer berauschenden sinnlichen Erfahrung.
Ort: Galerie Carolyn Heinz bis: 2008-05-10
Künstler: Reinhold Engberding, Astrid Köppe
Thema: +„Tastschärfe“ Reinhold Engberding* | Plastische Arbeiten, Malerei +Astrid Köppe* | Emaillen, Zeichnung 11. April – 10. Mai 2008 Eröffnung: Donnerstag, 10. April 2008, 20 Uhr Tastschärfe ist ein Maß für die Tastfähigkeit des menschlichen Fingers. Welchen Sinn macht dieser Begriff also als Titel für eine Ausstellung? Mit eher ungewöhnlichen Materialien arbeiten die beiden in dieser Ausstellung vertretenen Künstler. Es sind Materialien, die jeweils eine ganz eigene haptische Qualität besitzen und den Betrachter auf sehr unterschiedliche Weise zum Berühren verführen. Man kann - und darf! - die leichten Erhöhungen oder Vertiefungen der elementaren Formen auf den kühlen, blanken Oberflächen von Astrid Köppes großformatigen Emaillen mit den Fingern ertasten. Ebenso mag der Eine oder Andere das Bedürfnis haben, die glatten und doch warmen Schellackflächen zu berühren, mit denen Reinhold Engberding Bilder von jungen Männern schattenhaft auf Papier zeichnet. Oder man möchte die Stofflich- oder auch Körperlichkeit der zumeist in Gebrauch gewesenen Textilien prüfen, die der Künstler für seine plastischen Arbeiten benutzt. Die Nähe zu unmittelbar Gesehenem bzw. Empfundenem sowie die Wahl ungewöhnlicher Materialien verbindet Reinhold Engberdings und Astrid Köppes Arbeiten. Auf diese Weise sind die Werke beider Künstler ganz unmittelbar sinnlich erfahrbar, suggestiv und spielen mit unseren Assoziationen. Sie sind verlockend, aber sie haben auch einen Seite von Fremdheit und Distanz. # „Is that my son?“ - so lautet der Titel einer Serie Schellackmalereien von Reinhold Engberding. Gezeigt sind junge Männer in meist sehr direkter, auf den Betrachter bezogener Pose, während die Malerei selbst, auf Hell-Dunkel-Werte reduziert, den Portraitierten eigentlich eher schattenhaft wiedergibt. Die Bilder sind Pornoseiten des Internets entnommen. Es sind anonyme Figuren, erotisch aufgeladen. Und sie kommen einem nah, fast zu nah, halten nicht die nötige Distanz ein. „Is that my son?“ – Titel wie Malerei setzen Gefühle und Assoziationen in Gang, die berühren, die Phantasien, Sehnsüchte oder auch Ängste anstoßen. Seit 2006 arbeitet Engberding mit – zumeist getragenen – Kleidungsstücken. Jedes Kleidungsstück hat seinen Besitzer dicht am Körper begleitet, birgt eine Geschichte, die mehr oder weniger sichtbare Spuren hinterlassen hat. Jacketts, Westen, Hosen stülpt er um, stopft sie aus bestickt sie, hängt sie auf, näht sie zu Formationen zusammen. Durch die Materialität und Lebendigkeit der Form entsteht ein vielschichtiger Effekt, der anziehend, gleichzeitig aber auch befremdlich distanzierend wirkt. # Befremdlich wirken auch die eigentümlichen Formen, die Astrid Köppe auf Emaille oder Papier bannt. Meist beruhen auch sie auf Details aus dem Alltagsleben und dies spürt der Betrachter auch. Dennoch gelingt es nur selten, ein Vorbild konkret zu bestimmen. Die Motive stehen - oder besser schweben - kontextlos, reduziert auf ihren elementaren Kern in einem weißen, „leeren“ Raum. Will man diese Sonderlinge überhaupt auf ihren Ursprung zurückführen oder lässt man sie besser in ihrer eigenartigen, manchmal seltsam skurril anmutenden Sphäre? Köppe arbeitet überlegt und konstruierend. Das ergibt sich allein schon aus der reduzierten Inszenierung der Motive. Dabei ist der Abstraktionsprozess unterschiedlich stark vorangetrieben. Doch gleichgültig, ob deutlich wird, auf welchen Gegenstand sich das gezeichnete Objekt beruft, die Einfachheit der Form, deren schlichte und doch spezifische Beschaffenheit schärft die Wachheit gegenüber dem Wesen der alltäglichen, oft geradezu banalen Dinge, gegenüber der Schönheit ihrer Einzelformen, ihrer Oberfläche, ihrer Konsistenz. Die Materialität der Emaillen erinnert an alte Straßen- oder Werbeschilder. Doch haben diese den Sinn, eindeutige, allgemein verständliche Botschaften in Form von Piktogrammen, Schrift oder Symbolen zu vermitteln. Die Emaillen von Astrid Köppe konterkarieren genau dies. Sie kommen daher wie eindeutige Zeichen, bezeichnen aber nichts Greifbares. Während konventionelle Schilder auf etwas außerhalb ihrer selbst verweisen, verweisen Köppes „Schilderzeichen“ auf nichts als sich selbst.
Ort: Galerie Carolyn Heinz bis: 2008-04-05
Künstler: YIN MENG
Thema: Wir freuen uns, die zweite Einzelausstellung der chinesischen Künstlerin Yin Meng in der Galerie Carolyn Heinz ankündigen zu können. Yin Mengs Arbeiten sind Ausdruck persönlicher Erfahrungen, Empfindungen, Überraschungen in einer ihr fremden Kultur. Dabei gelingt es ihr auf eindrucksvolle Weise, in eine Art Dialog zwischen der europäischen und chinesischen Kultur einzutreten. Eine geheimnisvolle Aura umgibt Ihre Arbeiten. Sie sind weder realistische Wiedergabe noch Abstraktionen des Gesehen. Yin Meng verdichtet ihre Erfahrungen in Atmosphären und malt Bilder, die eher an Träume als an gelebte Realität erinnern. Es sind ganz einfache Erlebnisse, wie eine Fahrt mit der Bahn, der erste warme Tag im Sommer, eine Fahrradtour um die Alster, die in Yin Meng eine bestimmte Stimmung auslösen. Es entstehen fiktive Landschaften, die wie aus einer anderen Welt wirken, Figurendarstellungen, in denen die Befindlichkeit der anonymen Figur sich v.a. durch den sie umgebenden Raum mitteilt. Landschaft spielte bereits in Yin Mengs Bildern in traditioneller chinesischer Malerei eine große Rolle. In ihren neuen Arbeiten werden diese Landschaften märchenhafter, das Figurenpersonal phantastischer. Mit einer Kombination aus Ölmalerei und Scherenschnitt stehen sich weiche und harte Konturen, malerisches Farbdickicht und scharf umrissene Details gegenüber. Der Betrachter wird so hin und her gezogen zwischen narrativen Elementen und den sie immer wieder auflösenden Farbräumen. Die Galerie ist vom 9.-25. März geschlossen
Ort: Galerie Carolyn Heinz bis: 2008-02-09
Künstler: Karin Marquardt, Uta Katharina Rumohr
Thema: Schaut man in die Skizzenbücher und Vorarbeiten der beiden Künstlerinnen Karin Marquardt und Uta Katharina Rumohr, so können diese unterschiedlicher kaum sein. Die Eine stellt genaue Berechnungen an, probiert systematisch Reihen durch, beobachtet Gesetzmäßigkeiten und logische Folgen. Die Andere sammelt Photographien aus Zeit-schriften, skizziert Gesehenes und setzt Farbwerte gegeneinander. Und doch ist den gültigen Arbeiten beider Künstlerinnen am Ende Ordnung, Strenge und Konsequenz eigen, eine malerische Auseinandersetzung jenseits der Gegenständlichkeit, konzentriert auf Harmonie und/oder deren Brüchigkeit. Das Diktum Max Bills zur Konkreten Kunst, nämlich „(…) gegenstände für den geistigen gebrauch zu entwickeln, ähnlich wie der mensch sich gegenstände schafft für den materiellen gebrauch […]“ treibt auch diese beiden Künstlerinnen voran. Aber sie tun dieses auf sehr unterschiedlichen Wegen. Die Arbeit Karin Marquardts ist den Ideen der konstruktiven Kunst stärker verpflichtet. Auf der Suche nach einer Allgemeingültigkeit und der damit verbundenen - wie Mondri-an es ausdrückt - “ästhetische(n) Vision des Universalen“ entwickelt Marquardt Bilder von rationaler Gestaltungskraft. Ihre Arbeiten zeigen systematische Reihen und Anord-nungen frei von jedem Bezug auf eine individuelle Erfahrungswelt. Sie bündeln sich zu ruhigen, harmonischen, fast meditativen Strukturen. In ihrer aktuellen Werkgruppe konzentriert Marquardt sich fast ausschließlich auf diese rationalen Anordnungen und löst sich sogar von der für sie sonst so typischen kräftigen Farbigkeit. Meist nur mit Bleistift ausgeführt, überziehen Striche, Kreise und Parabeln wie ein fremdartiges Zei-chensystem die zumeist graustufig grundierte Leinwand. Der leichte und freihand gezo-gene Bleistiftstrich macht das Bild lebendig, lockert die strenge Perfektion der Systeme auf, macht sie sensibel, zart und zerbrechlich. Ganz anders die Herangehensweise Uta Katharina Rumohrs. Sie greift Zeitungsphotos, Videoclips oder Filme auf, benutzt ihre Erinnerungen an Situationen oder Orte. Aber auch ihre Bilder sind keine Abstraktionen des Gesehenen. Rumohr übersetzt ihre persön-lichen Erfahrungen in nichts als individuelle Farbeindrücke. „Es geht um die Wahrneh-mung des Gesehenen und das Sichtbarmachen des Nichtsagbaren oder Nichtaussprech-baren“, so Rumohr. Nichts erinnert fassbar an ein Vorbild oder eine reale Situation und doch hat jedes ihrer Bilder seine eigene Atmosphäre. Die Dinge erscheinen in einem anderen, einem verallgemeinerbaren Zustand. Uta Katharina Rumohr nutzt konstruktive Prinzipien, legt Farbstreifen oder -kreise auf die Leinwand. Durch die Farbwahl und die Anordnung der Streifen entstehen Rhythmen und Spiegelungen, kommt es zu Harmonien oder Kollisionen, schmiegen sich Farben aneinander oder beginnen zu pulsieren. Diese unterschiedliche Herangehensweise der beiden Künstlerinnen spiegelt sich auch darin, dass Uta Katharina Rumohr ihren Arbeiten stets assoziative Bildtitel gibt, die den Betrachter auf eine Reise schicken, während Karin Marquardts Bilder stets ohne Titel bleiben und die kontemplative Erfahrung des Betrachters zu provozieren suchen. Beiden Künstlerinnen gemein ist jedoch der Versuch, eine Balance zwischen Ratio und Emotion zu schaffen.
Ort: Galerie Carolyn Heinz bis: 2007-12-29
Künstler: Bodo Baumgarten, Birgit Bessler, Jutta Brüning, Lars Eckert, Peter Nikolaus Heikenwälder, Astrid, Köppe, Rudolf Ludewig, Karin Marquardt, Esther Naused, Hanna Nitsch, Stefanie Woch und Yin Meng
Thema: Unikate, Auflagen und Editionen
Ort: Galerie Carolyn Heinz bis: 2007-11-10
Künstler: Hanna Nitsch
Thema: +HANNA NITSCH* Mädchen 12. Oktober – 10. November 2007 Hanna Nitsch malt Kinder, sehr häufig ihre eigenen. Die Annährung an das Thema „Kind“ mag uns als Betrachtern einfach erscheinen. Was wir dabei jedoch nicht berücksichtigen, sind die vielen Klischees, die diesem Thema anhaften. Zudem hängt das, was wir heute unter „Kind“ verstehen, vielfach von dem Kontext ab, in dem wir diesen Begriff gebrauchen: Kinderlosigkeit – Kindermörder – PISA – Kinderüberraschung, ... Ein Blick auf die Tuschmalerei von Hanna Nitsch genügt, um erkennbar werden zu lassen, dass diese Kinder von derlei Kontextualisierungen losgelöst erscheinen. Trotz der oft eigenwillig fließenden Tuschtechnik und dem Ton, eine Summe vieler Farben von Blau-, Ocker- und Rottönen, den die Künstlerin der menschlichen Haut verleiht, haben ihre Papierarbeiten nichts Kitschiges oder Süßliches an sich. Das Inkarnat und auch die Gesichter bezeugen vielmehr den höchst sensiblen Umgang mit den Figuren, „die nicht dem Kindchen-Schema verhaftet sind, sondern „präsent, offen und deutlich individualisiert gezeigt werden“ (Janneke de Vries/Kunstverein Braunschweig). Im Spannungsverhältnis zur sensiblen Gestaltung der Hauttöne und der Gesichter, steht die Farbgebung der Kleidung. Durch die starken Farbkontraste von Rot, Türkis, Blau und Magenta, zu dem vielfach eingesetzten Umbratönen, erzeugt die Künstlerin eine glühende bisweilen schrille Farbigkeit. Die zerfließenden Konturen lassen dabei zusätzlich die Figuren wie losgelöst erscheinen. Sie scheinen zu fliegen, zu gleiten oder zu schweben und verharren so in einer Art Taumel zwischen kindlicher Verletzlichkeit, Lolita-Syndrom und menschlicher Abgründigkeit. Durch die extremen Perspektive, gekennzeichnet durch starke Auf- und Nahsichten, wirft die Künstlerin andererseits Fragen auf, die um Machtverhältnisse, Ausgeliefertsein, Schuld und Unschuld kreisen. Dabei gelingt es ihr, den Betrachter in die Position des Beobachters zu versetzen. Dort kann er sich den Wirkungen dieser Bilder kaum entziehen. Vom Außenstehenden wird er selbst nun zum Teilnehmer, zu einem Teil des Spiels, das Kind ebenso wie Künstlerin spielen. Marcus Körber
Ort: Galerie Carolyn Heinz bis: 2007-09-29
Künstler: Bodo Baumgarten
Thema:
Ort: Galerie Carolyn Heinz bis: 2007-07-21
Künstler: Grit Richter, Astrid Köppe
Thema: GRIT RICHTER – ASTRID KÖPPE Malerei, Zeichnung und Emaillen 16. Juni – 21. Juli 2007 Astrid Köppes Zeichnungen resultieren aus alltäglich Beobachtetem. Seien es die Strukturen eines Fruchtjoghurts oder die von Wasserdampf, seien es Tierschemen, Salatblätter oder Grasflächen, Astrid Köppe inszeniert sie als irgendwie fremde, irritierende Objekte. Dabei ist der Abstraktionsprozess unterschiedlich stark vorangetrieben, die Erinnerung an einen bekannten Gegenstand unterschiedlich präsent. Farbe, Form und vermeintliche Oberflächenbeschaffenheit vermitteln Informationen über den Gegenstand, aber führen sie auf die richtige Fährte? Sollen sie das überhaupt? Doch gleichgültig, ob deutlich wird, auf welchen Gegenstand sich das gezeichnete Objekt beruft, die Einfachheit der Form, deren schlichte und doch spezifische Beschaffenheit schärft die Wachheit gegenüber dem Wesen der alltäglichen, oft geradezu banalen Dinge, gegenüber der Schönheit ihrer Einzelformen, ihrer Oberfläche, ihrer Konsistenz. Wie Zeichen stehen die vereinzelten Figuren im Raum, bezeichnen aber nichts Eindeutiges. Frontalität und Zentralität unterstützen den zeichenhaften Charakter ebenso wie der geringe Einsatz malerischer Mittel. Ein Kontext wird nicht zur Verfügung gestellt: die Grundfläche bleibt weiß und leer. Diese Gestaltungsform treibt Köppe in ihren Emaillearbeiten auf Stahlblech konsequent weiter. Der vollkommen homogene, strukturlose, meist neutral-weiße Grund tritt zurück zu Gunsten der eigentümlichen Formgestalten, die flächig auf ihm aufliegen, ja fast auf ihm zu schweben scheinen. Die Materialität erinnert an alte Straßen- oder Werbeschilder. Doch haben diese den Sinn, eindeutige, allgemein verständliche Botschaften in Form von Piktogrammen, Schrift oder Symbolen zu vermitteln. Die Emaillen von Astrid Köppe konterkarieren genau dies. Sie kommen daher wie eindeutige Zeichen, bezeichnen aber nichts Greifbares. Während konventionelle Schilder auf etwas außerhalb ihrer selbst verweisen, verweisen Köppes „Schilderzeichen“ auf nichts als sich selbst. Auch Grit Richter arbeitet mit zeichenhaften Elementen. Richters Bilder sind ruhige Bilder, mit meist vereinzelten, oft flächigen Motiven in warmer erdiger Farbigkeit. Auf einen ersten eher verbindlichen Eindruck folgt die Irritation des Betrachters. Das Bild gibt seine Autonomie nicht preis, lässt sich nicht instrumentalisieren. Die Bilder von Grit Richter verweisen auf innere Welten, die jeder Betrachter aus sich selbst heraus, aus seinen individuellen Erfahrungen und Erinnerungen konstruieren muss. Durch den teils pastosen, teils lasierenden Farbauftrag entstehen Zeit- und Raumebenen, die sich gegenseitig aufgreifen und wieder brechen. Motivisch ist es ein Spiel zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion, Eindeutigkeit und Irrealität. In ihrer Serie „hausenwir“ beispielsweise begegnen dem Betrachter eindeutige Häuserformen. Aber es sind Häuser ohne Fenster und Türen, sie sind eigentümlich unzugänglich. Eine Horizontlinie bezeichnet Landschaft, aber die Landschaft ist unwirklich. Spiegelungen sind irreal, verhärten sich zu eigenen Formationen mit fast mehr Substanz als das gespiegelte Objekt. Ein vermeintlicher Weg führt eher in die Tiefenschichten des Bodens als auf dessen Oberfläche entlang. Zeigt Grit Richter in ihren Arbeiten Menschen, gewährt sie auch hier dem Betrachter keinen rechten Zugang zu deren innerer oder äußerer Welt. Ein portraitiertes Gesicht versteckt sie oft, zum Beispiel hinter einer Maske oder einem tief in das Gesicht gezogenen Hut. Ein neutraler, undefinierter Grund gibt ebenfalls keinerlei Hinweise. Eine Figurengruppe führt eine scheinbar sinnlose Handlung in einer kulissenhaften, imaginären Landschaft durch. Stets bleibt dem Betrachter die dargestellte Figur verschlossen. Stets wird er auf seine eigene Innenwelt verwiesen.
Ort: Galerie Carolyn Heinz bis: 2007-06-09
Künstler: Peter Nikolaus Heikenwälder
Thema: 1758 erscheint der zweite Band der „Ästhetica“ von Alexander Gottlieb Baumgarten. In der bis dahin diskutierten Philosophie galt die begriffliche und verstandesmäßige Erkenntnis als die wahre Form der Welterfahrung. Sinnliche Wahrnehmung hingegen behindere das klare Denken und verdunkele das Erkenntnisvermögen. Baumgarten konstatiert nun, dass der Verstand allein zur Erkenntnis nicht ausreiche, sondern dass es der sinnlichen und sensitiven Wahrnehmung ergänzend bedürfe. Rationales Denken muss reduzieren, um abstrahieren zu können - um allgemeingültige Einsichten zu gewinnen. Umfassende Welterfahrung sei jedoch nur möglich, wenn das „untere Erkenntnisvermögen“ der Sinne das obere der Ratio vervollkommne. Vor aller logisch gewonnenen Erkenntnis bilde sich - nach Baumgarten - im „Reich der Dunkelheit“, im Grund der menschlichen Seele, sinnliche Erkenntnis als Ergebnis „dunkler“ affektiver und sensitiver Erfahrungen. Durch die hier wirkende Einbildungskraft sei der Mensch erst in der Lage, die disparaten Teile seiner Eindrücke so zu ergänzen und miteinander zu kombinieren, dass sie sich zu einer Einheit formten. Wozu dieser Exkurs? Peter Nikolaus Heikenwälders Arbeiten spielen mit genau diesen unterschiedlichen Ebenen der Erkenntnisgewinnung. Seine Bilder erschließen sich nicht auf den ersten Blick. Man erkennt sofort einzelne Formen – organische, technische, figürliche oder ganz und gar undefinierbare – und beginnt aufgrund seiner Erfahrungen zu assoziieren und die Formen mit Bekanntem zu identifizieren. Sieht dies aus wie eine Handgranate oder das wie ein aufgeschnittener Pilz? Ist hier ein Körper gemeint und was sind das für Fell- oder Blütenstrukturen? Stets ist man als Betrachter versucht, die Dinge zu benennen. Aber macht das Sinn? Nach dem ersten spontanen Assoziieren merkt man schnell, dass sich auf diesem Weg allein zu wenig erschließt. Kein Ding bei Heikenwälder bildet eine Gestalt der Wirklichkeit ab. Und schon lassen wir unsere Blicke und Gedanken schweifen, versuchen nicht mehr jedem Ding einen Namen zu geben. Wir überlassen uns dem Bildgefüge mit seinen sonderbaren Gebilden und Gestalten, sind gezwungen, unserer Einbildungskraft zu vertrauen. In ihrem „dunklen Reich“ ergeben sich Zusammenhänge, die dem verstandesmäßigen Zugriff verschlossen bleiben. Zunächst findet sich scheinbar kein erzählerischer Zusammenhang. Erst nach und nach wird man der unterschiedlichen Ebenen gewahr, aus denen das Bild sich aufbaut, dringt in die Tiefen der Komposition vor. Die zuvor vereinzelten Formen nehmen Verbindung zueinander auf, gehen Beziehungen ein quer über das Bildfeld. Sie bilden einen Zusammenhang. Ein Handlungsraum wird suggeriert, den Formen bevölkern, denen wir Dank unserer Phantasie Rollen und Funktionen zuweisen. Damit tritt wieder die verstandesmäßige Ordnungsbildung in Aktion. Wir beginnen die Dinge in ein logisches Gefüge zu bringen, konstruieren einen Kontext. Scheinbar absurde Formationen gewinnen in diesem Prozess Gestalt. Auf diese Weise spielen die verschiedenen Erkenntniskräfte ineinander, lösen sich voneinander und finden auf einer höheren Ebene wieder zusammen. Heikenwälder konzentriert sich auf ein bestimmtes Formenrepertoire, das in vielfältigen Abwandlungen sich wie eine Grundströmung durch seine Bilder zieht. Runde oder vieleckige Durchgänge schleusen in das Bildgeschehen ein. Es finden sich röhrenförmige Körper oder Hohlräume. Technische Objekte stehen organisch-natürlichen Formen gegenüber, glatte, geschlossene Oberflächen porösen, belebt strukturierten. Immer wieder bannen konzentrische Kreise den Blick des Betrachters. Gereihte Quadrate und Rechtecke oder ornamentale Elemente treten vereinzelt, oft jedoch in gliedernden Formationen auf. Häufig überziehen sie fast aufdringlich farbkräftig und dominant das subtile Bildgeschehen. Niemals begegnet ein vollständiger menschlicher Körper. Einzelne Körperpartien, die teilweise überraschend realistisch wiedergegeben sind, identifiziert man in dem Formgemenge oft erst spät als solche. In immer neuen Schichten legt Heikenwälder seine Formkompositionen auf die Leinwand. Jede Schicht reagiert auf die davor entstandene und jede Schicht bleibt - und wenn auch noch so schemenhaft – am Ende sichtbar. Formen überdecken Formen vollfarbig. Oder aber sie lassen geisterhaft-transparent die untere Form durch sich hindurch scheinen, legen ihre eigene Farbigkeit als dünne Schicht über die untere, so dass im überschneidenden Bereich sich beide Farben durch Überlagerung mischen. Heikenwälder nutzt hierfür eine alte Technik. Die Farbe wird satt aufgetragen und dann in dem gewünschten Maße ausgewischt. Auf diese Weise erzielt er mal einen deckenden, mal einen ganz durchscheinend lasierenden Farbauftrag. Und er erreicht, dass trotz der zahlreichen Schichten am Ende niemals eine dicke Farbschicht auf der Leinwand liegt. Immer bleibt die Oberfläche durchscheinend und leicht und damit die Malerei selbst als zeitlicher wie auch als kommunikativer Prozess erfahrbar. Heikenwälder bietet mit seinen Bildern keine fertige Erzählung an, aber er zeigt eine Welt voller Möglichkeiten, die mit unserer eigenen Erfahrungswelten spielt. Er bildet nicht ab und doch schafft er Spiel-Räume, in denen die Dinge Gestalt annehmen, sich Bezüge herstellen, Landschaften entstehen, Kommunikationsprozesse in Gang kommen. Sowohl die Art der Darstellung als auch die materielle Gestaltung seiner Arbeiten zwingt den Betrachter auf seinen ganz persönlichen Fundus von Welterfahrung zurück zu greifen und dabei gleichzeitig sicher Geglaubtes über Bord zu werfen. Zu alledem ist Witz und Ironie im Spiel, eine irritierende Herausforderung für jeden Versuch, die Welt der Heikenwälderschen Malerei zu ergründen.
Ort: Galerie Carolyn Heinz bis: 2007-03-02
Künstler: Birgit Bessler
Thema: +BIRGIT BESSLER Elemente eines großen Ganzen II* Malerei und Fotografie 20. Januar bis 2. März 2007 „Die Eigenart des Waldes besteht darin, zu gleicher Zeit geschlossen und allseitig geöffnet zu sein.“ (nach Otto Friedrich Bollnow, Mensch und Raum (2000, 9.Aufl.), S. 218)# Jeder kennt vom Spaziergang im Wald die Erfahrung von Umschlossenheit einerseits und einer Unendlichkeitsphantasien freisetzenden Offenheit andererseits. Nicht nur das Fließen der Grenzen ruft die etwas bedrängende Stimmung hervor, sondern die Gefangenheit des Blicks, wenn er schon nach wenigen Metern nicht mehr zwischen den Baumstämmen hindurch zu dringen vermag. Die fehlende Sicherheit des freien Blicks erzeugt Orientierungslosigkeit, man fühlt sich verloren und klein in der Unendlichkeit und Tiefe des Waldes. Gleichzeitig fasziniert gerade die Unbestimmtheit des Raums, die Stille, der Wechsel von Licht und Schatten. Die Lyrik beschwört dies in zahllosen Gedichten.# Licht und Schatten, Raum, Durchlässigkeit des Blicks und dessen Blockade, die minimale Variation von Farben und Rhythmen sind Themen, die Birgit Bessler in ihrer Arbeit immer wieder fesseln. Der Wald ist eines ihrer wichtigsten Motive. Es ist nicht die Sicht auf den Wald, sondern die Erfahrung des in höchster Präsenz sich darstellenden Umgebenseins, die sich in ihren Bildern ausdrückt. Der Standort des Betrachters ist inmitten der Tiefe des Bildraumes. Nahezu immer fehlt ein Horizont, der Blick wird zurückgeworfen. Die Kompositionen gehen bis an den Bildrand - kein Zentrum, keine Ränder oder Grenzen; sie scheinen gar über sich hinaus zu wachsen wie Ausschnitte oder Elemente eines großen Ganzen./ Die ersten Linien oder Umrisse werden frei und ungeplant auf die Leinwand gelegt. An ihnen entwickelt sich der gesamte Verlauf des Bildes, stets angelegt von links nach rechts, als Produkt der Erinnerung. Phantasie aus erinnerter Anschauung. Durch die Einfachheit und Klarheit der Komposition und die reduzierte Farbigkeit gelingt es Bessler, die Spannung zwischen Ordnung und Chaos, Harmonie und Dissonanz auszubalancieren, ohne das eine oder das andere zu negieren. Jede Arbeit greift nur auf eine minimale Farbpalette zurück, deren Abstufungen, häufig in kaum merklichen Nuancen, nebeneinander liegen. Nur eine einzige Farbschicht liegt auf der Leinwand, der Bildträger bleibt an vielen Stellen sichtbar. Der Grundton ergibt sich aus der jeweiligen sinnlichen Qualität, die Bessler zu evozieren sucht.# Birgit Bessler wurde 1973 in Borken an der holländischen Grenze geboren. Sie studierte von 2000-2004 Freie Kunst bei Udo Scheel und Ulrich Erben an der Kunstakademie Münster und war bis 2005 Meisterschülerin bei Erben. Seit 2007 lebt und arbeitet sie in Brande bei Hamburg.
Ort: Galerie Carolyn Heinz bis: 2006-12-09
Künstler: Bahram Hajou
Thema: Bahram Hajous Arbeiten handeln vom Menschen. Vom Mensch allein in seiner Einsamkeit. Auch wenn mehr als eine Person im Bild ist, ist es die Beziehungslosigkeit der Akteure, die den Betrachter auf sich und seine existenzielle Isolation zurückwirft. Kaum eine Berührung, eine Kommunikation oder ein Augenkontakt vermittelt zwischen den Figuren. Stattdessen schauen sie oft mit intensivem Blick fast herausfordernd den Bildbetrachter an. Sie klagen nicht an, provozieren nicht, aber sie verlangen vom Betrachter eine Auseinandersetzung mit der Fremdheit. Häufig sind Übermalungen schirmend oder verleugnend über die Körper gelegt. Schleierhaft scheinende Bekleidungen wirken wie ein kaum zulänglicher Schutz. Stets bleiben die Figuren in und bei sich, aber in ihrer Einsamkeit verletzlich. Der Hintergrund ist unbestimmt gestaltet. Andeutungen von weiteren Figuren, sei es durch Übermalungen oder Einfügung silhouttehafter Gestalten, markieren Abwesenheit, verlorene Präsenz. Fensterhafte Öffnungen und auch die Begrenztheit des Hintergrundes geben zwar keinen Ausblick frei, gestatten dem Betrachter aber die Idee von einer umgebenden Welt, vielleicht sogar die Hoffnung auf Ausweg. Ruhe, aber auch gleichzeitig Dynamik und Expressivität im Ausdruck zeichnen die Bilder Bahrams aus. Die Bewegtheit in Malgestus und Farbigkeit wehrt sich geradezu gegen die Verschlossenheit der Figur. Die starke bildnerische Materialität ist gewaltsam und befreiend zugleich.
Ort: Galerie Carolyn Heinz bis: 2006-10-28
Künstler: Yin Meng
Thema: Die Ausstellung zeigt Malerei und Scherenschnitte der chinesischen Künstlerin Yin Meng (geb. 1973 in Chong Qing). Yin Meng besucht zunächst eine Kunstoberschule und anschließend die Kunsthochschule in Chong Qing. Sie erlernt dort verschiedene chinesische Techniken wie chinesische Malerei, Tuschmalerei oder Kalligraphie. Nach Abschluss ihres Studiums ist sie auf etlichen Ausstellungen innerhalb Chinas präsent und wird in den chinesischen Künstlerbund aufgenommen. Die Neugier, mehr über westliche Kunst zu erfahren, bewegt sie 2001 sich an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg zu bewerben, wo sie noch im selben Jahr ein Studium bei Werner Büttner aufnimmt. 2005 erhält sie den DAAD-Preis für hervorragende Leistungen ausländischer Studierender, 2006 den Karl H. Ditze – Diplompreis für ihre Diplomausstellung. „Meine Arbeiten haben sich natürlich stark verändert, doch ich fand wieder zurück zu chinesischen Techniken und Materialien“ sagt Yin Meng. So arbeitet sie inzwischen wieder vorrangig mit Tusche und fertigt Scherenschnitte auf chinesischem Papier. Seit 2005 entstehen zudem Arbeiten in Öl auf Leinwand. Im Vergleich zu den traditionellen Arbeiten, die noch in China entstanden, sind ihre Arbeiten freier, die Bildthemen persönlicher und privater geworden. Obwohl beispielsweise die Landschaft, die schon in ihren Bildern der chinesischen Malerei eine große Rolle spielte, – sei sie städtisch oder freie Natur – auch in ihren aktuellen Arbeiten zentral ist, hat sie nun einen vollkommen anderen Charakter. In beiden Malweisen geht es nicht um die naturgetreue Darstellung der Landschaft. Auch die ältere chinesische Malerei suchte mit einer spezifischen Stimmung oder Atmosphäre bestimmte Empfindungen beim Betrachter zu wecken. Aber jetzt, nach der Auseinandersetzung mit der europäischen Kultur, sind es eigene Erfahrungen und Gefühle in einem sehr persönlichen Sinn, die Yin Meng in ihre Arbeiten einfließen lässt und zu Darstellungen inspiriert, die den Betrachter in ganz andere, faszinierende Welten führt.
Ort: Galerie Carolyn Heinz bis: 2006-09-16
Künstler: Egon Karl Nicolaus
Thema: "Magie der Zahl"/ +EGON KARL NICOLAUS*/# „Mit meinen Zahlen erinnere ich die Menschen an ihre Realität, an vielleicht die härteste.“ Egon Karl Nicolaus# Während der weitaus größten Phase seines Schaffens, fast 25 Jahre lang, war die Zahl der bestimmende Gegenstand in den Bildern Egon Karl Nicolaus. Es war nicht die Zahl in ihrer mathematischen Funktion, die den gebürtigen Hamburger interessierte, sondern ihre Verwendung als Form oder Zeichen, als selbständiges Bildmotiv, als kompositorisches Baugerüst. # Schüler von Arnold Fiedler an der Landeskunsthochschule am Lerchenfeld, später von Willi Baumeister in Stuttgart arbeitete er Mitte der 50er Jahre zunächst streng konstruktivistisch. In Anlehnung an die De-Stijl-Kunst Piet Mondrians sucht er mit der konsequenten Betonung der Senkrechten letztmögliche Einfachheit und die Darstellung einer irdischen Ordnung.# Nach zweijährigem Aufenthalt in Worpswede übersiedelt Nicolaus 1958 nach Paris. Konfrontiert mit abstraktem Expressionismus, Informel und Tachismus entstehen nun neue, aus ihrer inneren Strenge gelöste und um eine poetische Dimension bereicherte Arbeiten. Lebhafte, gestisch gemalte Improvisationen mit einer starken rhythmischen Bewegtheit in Komposition und Farbigkeit, die sicher auch von seiner Leidenschaft zum Jazz inspiriert sind, bestimmen die Bilder der frühen Pariser Jahre. 1963-65 entwickeln sich zunehmend Konkretisierungen von ersten Zahlen in den informellen Kompositionen, wie Nicolaus rückblickend bemerkte, „in freier Aktion“ entstanden. Die Zahl ist - und sie wird es für ihn auch bleiben – in erster Linie formal interessant. Noch verwendet er die Zahl spielerisch, ohne wirkliche Ordnung, aber doch als ganz eigenen Bestandteil der Komposition. Gegen Ende der 60er Jahre verliert sich dieser freie Ductus, die Zahl wird Mittelpunkt eines wieder strenger gehaltenen Bildgeschehens. # Pop Art und neue Ornamentik beeinflussen die Zahlenbilder in den gesamten 70er Jahren. Im Spiel mit vertikalen, horizontalen, diagonalen und runden Formen erhalten die Zahlen Gestaltungs- und Ordnungskraft. Mit Beginn der 80er Jahre lockert Nicolaus erneut die Strenge auf, ein Rückbezug auf die spontane, informelle Malerei der 60er Jahre wird spürbar. Immer häufiger sind die Zahlen nun in schwarz auf kräftig farbigen Bildakkorden gegeben, sie werden rissiger, brüchiger, fragmentiert. Während am Anfang der 80er die Darstellungen noch fast narrativ-spielerisch anmuten, entwickelt sich nun zunehmend ein eigentümlich gespanntes Verhältnis zu seinem Sujet. Manchmal scheint es, als ginge Nicolaus fast respektlos provokativ mit seinem nun seit rund 20 Jahren immer und immer wieder variierten Thema um. Rote, blaue, gelbe und grüne Streifen, heftig, mit zügigem Strich und bizarrer Kontur gemalt, bilden einen erneut die Vertikale betonenden Grund, auf dem die Zahlen sich nun zu positionieren und ihre Dynamik zu entfalten suchen.# 1988 stirbt Egon Karl Nicolaus in Köln, wo er seit 1976 ein zweites Atelier besaß. Vor genau 10 Jahren wurde in Köln die Egon Karl Nicolaus Stiftung gegründet, die neben der Förderung junger Künstler in Köln sich für den Nachlass des Werkes von Egon Karl Nicolaus engagiert. Aus diesen Beständen wurde jetzt die Ausstellung „Magie der Zahl“ konzipiert. Sie zeigt im Überblick die verschiedenen Werkphasen dieses überaus kreativen und produktiven Hamburger Künstlers, setzt den Schwerpunkt aber auf die Arbeiten der 80er Jahre. # Seit über 50 Jahre ist Egon Karl Nicolaus in internationalen Museen, Galerien und auf Kunstmessen vertreten, seit 1960 ist diese Ausstellung nun die erste Präsentation in seiner Geburtsstadt Hamburg.## Geöffnet: Dienstag – Freitag 12-19 Uhr, Samstag 11-16 Uhr Katalog zu Egon Karl Nicolaus 29,- €
Ort: Galerie Carolyn Heinz bis: 2006-07-29
Künstler: Esther Naused
Thema: Esther Nauseds Bilder sind Konstruktion und freier prozesshafter Entwurf zugleich. Grundthema ihrer neusten Arbeiten ist der Raum, die Bildtiefe. Es entstehen keine konkreten Räume, Esther Nauseds Arbeiten bleiben ungegenständlich. Was stimmig ist, wird in einem Prozess kontrollierter Variation entdeckt. Immer wieder sucht Esther Naused Anderes, will bei jedem Bild von neuem überrascht werden. Ohne eine konkrete Vorstellung beginnt sie mit dem intuitiven Auftrag von wässrigen, waagerechten und senkrechten Bahnen auf das Papier und schafft damit die formalen Voraussetzungen zur Entstehung von Räumlichkeit. In einem zweiten Schritt arbeitet Naused mit Tusche oder Acrylfarben in diese wässrigen Bahnen hinein. Es entstehen Durchblicke, Spiegelungen, Horizonte, fließende Oberflächen oder feste Strukturen. Mal sind es dynamische Formationen, mal stille, fast sanfte Kompositionen. Immer spielt das Licht eine entscheidende Rolle. Jedes Bild ist ein neuer Dialog zwischen der Künstlerin und den Eigenheiten des Materials. In Abwendung von einer konkreten Idee, ganz auf das Entstandene und den Augenblick bezogen, reagiert die Künstlerin auf das Bild, setzt einen neuen Impuls oder treibt Bestehendes voran. Der Blick des Betrachters gerät in Bewegung. Man wird hineingezogen in die Räume, sucht, wie es weiter gehen könnte, man gerät an einen schmalen Spalt, durch den man das Licht zu erblicken vermag, ein weites Feld öffnet sich wie eine Landschaft und zieht den Betrachter ins Unendliche, er schwingt im Rhythmus wellenförmiger Bewegungen. Dann wieder meint man, fotografisch-reale Strukturen zu erkennen, kann diese aber nicht wirklich greifen. Aus sparsamsten, feinsten Strukturen und den Farben, von denen sie getragen werden, entfaltet sich der Reichtum von Assoziationen.
Ort: Galerie Carolyn Heinz bis: 2006-06-10
Künstler: Reinhold Engberding / Moritz Hasse
Thema: Reinhold Engberdings plastische Arbeiten sind gehäkelt. Nach klaren Regeln entstehen streng durchkonstruierte Formen: immer gleiches, schwarzen Garn verhäkelt der 51jährige, in Hamburg arbeitende Künstler in Runden, so dass ein immer gleiches, ruhiges Muster entsteht. Für jede Arbeit entwickelt Engberding ein konstruktives Prinzip, das er konsequent anwendet. In vielen Werken hat das Entstehungsprinzip mit der Zahl 12 zu tun. In einer Reihe von Arbeiten verwendet er 12 Knäule, wobei die Übergänge zum nächsten Knäuel jeweils markiert werden. Oder etwa, wie in seinem Werk Mandorla IV, ist die Arbeit aus 2x12 gehäkelten, mit Tischtennisbällen gefüllten Schläuchen zusammen gesetzt, deren jeweiliger Umfang sich aus der Maschenzahl 24 pro Reihe bestimmt. Die textilen Gebilde werden straff gespannt oder mit Materialien gefüllt, oder sie werden durch Latexballons in eine Form gebracht, die dann durch den Auftrag von Schellack und Wachs haltbar stabilisiert wird. Die entstehenden Objekte haben eigentümlich amorphe Formen, was in einer merkwürdigen Ambivalenz zum äußerst konstruktiven Entstehungsprozess und dem gleichförmigen, ruhigen Häkelmuster steht. Auch der Titel „Mandorla“, den Engberding einer ganzen Serie von Arbeiten gegeben hat, mutet zunächst unvermittelt an, ist doch damit in der Kunstgeschichte die Gloriole oder Aura bezeichnet, die mandelförmig eine Heilige Gestalt vollständig umfasst. Doch die Kontur dieser Arbeiten hat tatsächlich mandelförmige Struktur und der Betrachter gewinnt den Eindruck, als umfingen die eigenwilligen Körper den sie enthaltenen Raum geradezu inniglich. Durch Materialität und Form entsteht ein vielschichtiger Effekt, der gleichzeitig anziehend, aber auch befremdlich distanzierend wirkt.# Moritz Hasse bereist Städte und photographiert. Dann kehrt er in sein Atelier zurück und übersetzt diese Motive in Ölmalerei. Es entstehen keine photorealistischen Arbeiten, auch keine Konstruktionen der Wirklichkeit. Trotz eigenartiger Unschärfe meint man das Photo noch recht genau erkennen zu können, doch sieht man wirklich alles? Hasses Thema sind nicht die repräsentativen Sehenswürdigkeiten einer Stadt, nicht deren Prachtstraßen oder Boulevards. Vielmehr sind es die kleineren und größeren Straßenzüge, in denen gewohnt wird, in denen der Müll sich an der Straßenecke stapelt, ein Autowrack geparkt oder ein Wohnwagen abgestellt ist. In diesen Straßen spürt man die Anwesenheit von Menschen, die jedoch in Hasses Bildern nur selten - und niemals als Protagonisten - präsent sind. Man meint die Spuren des Alltags zu erkennen, dabei zeigt Hasse sie gar nicht explizit. Man spürt das Leben und doch liegen diese Straßen in seltsam gleich bleibender, unaufgeregter, nahezu unantastbarer Atmosphäre da. Schon während seines Studiums, inzwischen seit gut 10 Jahren beschäftigt sich der 1972 in Bremen geborene, heute in Berlin lebende Maler Moritz Hasse mit diesem Thema. Stets malt er mit einheitlich großem Pinsel. Die Serien spiegeln zwar einerseits typische Impressionen der Städte, aber sie haben alle einen gemeinsamen Charakter. Häuser, Autos, Schilder, Bäume, nur selten Menschen, kein Detail beansprucht besondere Aufmerksamkeit. Aber ebenso ist nichts als nebensächlich gekennzeichnet. Alles wirkt alltäglich, verbindlich und erzeugt dennoch zugleich eine seltsame Irritation. In der Ausstellung zeigt Hasse vor allem Arbeiten einer neuen Serie, die nach seiner letztjährigen Istanbulreise entstanden sind. # Es ist nicht so einfach, eine Parallele zwischen den Arbeiten von Reinhold Engberding und Moritz Hasse zu ziehen. Vermutlich ist das auch gar nicht nötig; vielleicht ist es besser, die beiden Positionen neben- und miteinander zu sehen. Dennoch ist da die Konsequenz, mit der beide Künstler ihre Themen verfolgen, und die strenge Wahl ihrer jeweiligen Arbeitsmaterialien zu nennen. Ein weiteres verbindendes Moment beider Werkgruppen ist ihre Vielschichtigkeit, die eine ganz besondere Spannung erzeugt. Die Arbeiten sind ganz unmittelbar sinnlich anziehend, aber sie haben eben auch einen Seite von Fremdheit und Distanz.
Ort: Galerie Carolyn Heinz bis: 2006-04-29
Künstler: Karin Marquardt
Thema: Beim ersten Hinsehen folgen die Arbeiten von Karin Marquardt dem Muster der Rationalität, wie es für Mathematik und Technik charakteristisch ist. Sie entwickelt streng systematisch Flächen- oder Linienstrukturen. In jedem ihrer Werke wird ein selbst gestelltes Problem zu einer scheinbar völlig einfachen, zwingenden Lösung geführt oder in einer Serie Schritt für Schritt durchgespielt. Die Evidenz der gefundenen Lösung lässt die vorausgehenden, oft komplizierten Überlegungen vergessen. Damit steht sie in der Tradition der Künstler, die durch strenge Konstruktion, wie Mondrian es ausdrückt, eine “ästhetische Vision des Universalen“ erzeugen, rational Geistiges zur sinnlichen Anschauung bringen wollen. Beim zweiten Hinsehen jedoch zeigt sich, dass dieses Muster der Rationalität immer wieder unterlaufen wird. Sieht man zunächst nur die Präzision, mit der eine Vielzahl von Elementen nach konstruktiven Regeln in einen in sich stimmigen Gesamtzusammenhang gebracht sind, fallen bei näherer Betrachtung die Unregelmäßigkeiten auf, die der strengen Konstruktion einen individuellen Atem einhauchen. Damit wird der Kunst eine andere Aufgabe zugewiesen, als die dominante Rationalität der modernen Zivilisation in sich zu reproduzieren. Marquardt verbindet das Rationale mit dem Irrationalen, sie öffnet verborgene Räume, zu denen die starre Rationalität den Zugang verloren hat. Die systematische Konstruktion dient ihr als Folie zur Veranschaulichung von Beziehungsstrukturen des Menschen in seiner Wirklichkeit. Sie betrachtet diese Wirklichkeit nicht als statische Form, sondern als Prozess. Konstanz und Wechsel, Ruhe und Bewegung, Ordnung und Chaos als Grundprinzipien des Lebens werden in einen formalen Zusammenhang gebracht, dessen Erscheinungsbild Spannung und zugleich Ausgewogenheit ausdrückt. Während die streng angelegte Verteilung von Form und Farbe auf die konstruktive Regelhaftigkeit verweisen, brechen durch die grobe Materialität des Malgrundes, die sichtbare Pinselführung und den lebendigen, stets freihand gezogenen Strich immer wieder expressive Momente hervor. So lassen die Bilder von Karin Marquardt den Betrachter zwar kompromisslos die ganze Härte und den Strukturzwang der modernen Rationalität spüren. Aber niemals erstarren sie in der Kälte der Konstruktion. Beim Eintauchen in das Bildgeschehen wird der Betrachter dazu geführt, die Spuren des Lebendigen, des Variierenden, aufzudecken.