Ort: KOMET BERLIN bis: 2008-06-21
Künstler: Steffi Weigel
Thema: Steffi Weigel begibt sich in ihren jüngsten Arbeiten auf die Suche nach dem Ursprung unseres Lebens. Zarte Aquarelle auf großen Leinwänden zeigen Porträts von Neugeborenen, wenige Augenblicke nach ihrer Geburt. Die Künstlerin sieht ihnen ins Gesicht und versetzt sich in ihre Lage hinein: Was geht in ihren Köpfen vor? Wovon träumen sie? // Sie zeigt die Häupter der Säuglinge überlebensgroß und aus nächster Nähe. In den Gesichtern spiegeln sich Anstrengung und Erschöpfung nach der ersten großen Schlacht. Die transparenten, beinahe zeichnerischen Pinselstriche vor dem klaren weißen Hintergrund lassen die Köpfe schutzlos und zerbrechlich wirken. Gleichzeitig mildern die zarten Farbtöne den Schrecken des Erlebten. Neben den hellen, großformatigen Leinwänden entstehen kleinformatige, dunkle Arbeiten auf Holz. Sie zeigen die Kinder, geborgen wie im Mutterleib, geschützt wie in einer warmen Höhle. Die Wärme des Holzes und der Farben umschließen sie wie ein eigener kleiner Kokon. Die Holzarbeiten bilden einen Gegenpol zu den Leinwandarbeiten. Aus Wärme und Geborgenheit werden die Neugeborenen ins Helle, ins Leere und Ungewisse geboren. Bar jeder eigenen Erinnerung und Erfahrung, unbeschrieben wie ein weißes Blatt, nehmen sie ihren Platz im Leben ein und wenden sich wie eine aufblühende Knospe dem Licht und der Welt zu. [...] // Steffi Weigels Bilder sind realitätsnah und sehr ehrlich. Ähnlich den Darstellungen von Neugeborenen Marlene Dumas’ beschreiben sie die erste Begegnung mit dem neuen Leben als fremd, lassen sie die Anwesenheit des kleinen Wesens mit eigenem Lebenswillen und Entschlusskraft als irritierend - und wunderbar empfinden. Doch bei aller Offenheit, in der Schrecken und Ungewissheit geschildert werden, transportieren die Arbeiten eine sehr positive Botschaft. Weigels Neugeborene stehen nicht allein für die Konfrontation mit der Realität des Mutterseins mit all seinen Folgen, sondern vielmehr für das Leben selbst, für Erneuerung und Beständigkeit. Die Geburt ist der Beginn des Lebens, in jeder Geburt liegt ein Neuanfang, in jedem Neuanfang eine Chance. / (Text von Anna von Bodungen, April 2008)
Ort: KOMET BERLIN bis: 2008-05-10
Künstler: Heinz Schmöller
Thema: Heinz Schmöller erarbeit vorwiegend Objekte, die einander widersprechende Bedeutungshintergründe in einer Form vereinen. Dabei thematisiert er 2006 das spannungsvolle Verhältnis von Kultur zu Natur in "Camouflage" (Videoinstallation) und ein Jahr später die Ambivalenzen des Verhältnisses von Kindheit und Erwachsensein in "Überwachsener" (Skulptur). Diese Ambivalenzen drücken sich oft in einem verfremdenden Umgang mit solchen Gegenständen aus, die mit Kindheit assoziiert werden.// Der Titel der Ausstellung "SEASON 2" deutet den Fortsetzungscharakter an, mit dem Heinz Schmöller Motive aus früheren Arbeiten aufnimmt und weiter ausbaut. Eine überlebensgroße Plüschkuh füllt den Raum - eine Hybridgestalt aus Kuscheltier und Nutztier. Daneben zeigt eine Videoarbeit eine Roboterschildkröte im Plüschfell beim Tanz. An den Wänden hängt gleichsam als Rahmen eine Serie von kleinformatigen Bügelperlenbildern. Es entstanden sehr geometrisch vereinfachende, von knalligen Farben ohne Zwischentöne bestimmte Bilder, deren kindlich simplifizierenden Charakter Heinz Schmöller mit Bildinhalten aus der Erwachsenenwelt konfrontiert.// Die Arbeiten evozieren sowohl ein Bild der Erfahrungsweise des Kindes, welches ungeschützt den Eindrücken der Erwachsenenwelt ausgesetzt ist, als auch das bleibende Kind im Erwachsenen selbst, dessen Erleben ja vielleicht mehr durch funktionale Anforderung verdeckt und überformt als ersetzt wurde.// (Text von Friedrich Hausen, März 2008)
Ort: KOMET BERLIN bis: 2008-03-29
Künstler: Johannes Tiepelmann
Thema: Schicksal, Leid, Grausamkeit, Liebe, Tod,Schrecken und Trauer sind Stoffe der klassischen Tragödie, die als mythische Erhöhung des Lebens die Essenz des Realen in sich trägt. Die Leidenschaften, die sie erregt – das „Mitgefühl“ für die tragischen Helden und die „Furcht“ vor dem dargestellten Grauen – haben bei Aristoteles die Funktion, den Zuschauer von seinen Passionen zu reinigen.// In den Werken des aktuellen Zyklus „Katharsis“ von Johannes Tiepelmann sind weder Leichen noch blutrünstige Szenen zu sehen, dennoch existieren Verweise auf Aristoteles' Katharsislehre, die sich auf dem gleichnamigen, großformatigen Bild „Katharsis“ am deutlichsten manifestieren. Eine asiatische Frauenfigur wurde in Profilansicht zentral auf einer blank polierten Bühne platziert und exerziert in kniender Pose eine Kampfbewegung, der sie – die geschlossenen Augen deuten es an – höchste Konzentration entgegenbringt. Ihr Atem, der sich in einer ausladenden amorphen Rauchform sammelt, sowie ein langes spitzes Horn, das aus ihrer Stirn ragt und weit in die linke Bildhälfte sticht, verleihen dieser Frau und der gesamten Bildatmosphäre eine ausgesprochen dramatische Aura. Hinter der Darstellerin positioniert und halb von ihr verdeckt, betritt eine weitere Figur die Bühne, deren Mimik ebenso uneindeutig wie ihr Handeln bleibt. Schließlich springt die Bildgeschichte auf ein kleinformatiges Pendantbild über, auf dem eine Gestalt, die eine chinesische Maske trägt, die Bühnenszene beobachtet und sich mit Schrecken in den Augen vom Gesehenen abwendet, ohne den Blick davon lösen zu können. Dem Betrachter bleibt lediglich ihre Reaktion als Indiz einer grauenvollen Tat, so dass er sich mit der Visualisierung des aristotelischen Katharsisbegriffs begnügen muss, ohne sich selbst reinigen zu können.// Der Zyklus, dessen Thema von dem Bild „Second Life“ [eine Abbildung finden Sie auf der Einladungskarte] inspiriert ist, wirkt durch die verschiedenen Gattungen – Porträt, Genre, Historie – ausgesprochen heterogen, ein Eindruck, der durch die unterschiedlich großen Formate zusätzlich gestützt wird. Doch schafft Johannes Tiepelmann sowohl inhaltlich als auch formal verbindende Elemente, wie etwa das Motiv des Rauchs, das fast allen Bildern der Ausstellung gemein ist und (in direkter Korrespondenz zu Aristoteles) symbolisch für die vom Feuer gereinigte Seele steht. Auch die Streifenstruktur des halb geöffneten oder verschlossenen Vorhangs zieht sich durch die Reihe und tritt entsprechend als dominanter Bildeinschub oder als Bildhintergrund auf.// In dem großformatigen Diptychon „Männerwirtschaft“ wird der Bruch so frappant, dass das Bild collageartige Züge erhält. Die Interaktion zwischen der von Untermalungen geprägten Struktur und den verschiedenen surrealen Formen ist in diesem Bild, und hier vor allem in der oberen Bildhälfte, sehr intensiv bearbeitet worden. Aber auch auf ikonografischer Ebene lässt der Vorhang auf die Bühne und die Tragödie schließen und spielt somit auf eine Tragik an, die sich hinter den Bildern des Zyklus' verbirgt. Als Verhüllungsinstrument deutet der Vorhang aber auch auf Erzählmomente hin, die dem Publikum verborgen bleiben: Ein Beispiel wäre das gemalte Blut, das auf dem noch unvollendeten Bild „.Katharsis“ sichtbar war, aber in der Endversion verschwunden ist. Dergestalt scheint der Titel auf den Werkprozess zu verweisen, den der Künstler zur Reinigung seines eigenen Feuers gebraucht.// (Text von Sandra Kühn, Januar 2008)
Ort: KOMET BERLIN bis: 2008-02-16
Künstler: Karen Oostenbrink
Thema: +“FÜR MARION VON WALJA”* heißt die neue Arbeit von +Karen Oostenbrink*. Zufällig geraten wir in den Briefwechsel zweier Mädchen in den 60iger Jahren. Die Briefe aus der Sowjetunion hebt Marion auf, bis sie 2007 in Berlin verstirbt.# Karen Oostenbrink findet ihr Material auf Flohmärkten. Verwundert folgt sie den biografischen Spuren und destilliert das Verschwundene bis eine Essenz des Geheimnisses entsteht. Im Fall von Marion Kunzmann erscheint an der Wand eine Zeichnung, Walja schickt Berge aus Kasachstan und das Video führt uns in einen leeren Raum.# Zu ihrem Abschluss an der Königlichen Kunstakademie Den Haag 2006 präsentierte die Künstlerin eine Reihe von Arbeiten, die uns Rätsel aufgeben: das Foto einer Frau auf großen Steinen am Meer, fünf Lochbildkameraaufnahmen der Sonne und zwei Leuchtkästen, die ein junges Mädchens auf einem Ausflug zeigen. Im gleichen Jahr filmt sie über 24 Stunden das Bild eines Dienstmädchens aus den Jahren um 1900. Das Licht kommt und geht, Vergangenheit und Zukunft verschwimmen. Alles ist jetzt.# Karen Oostenbrink nutzt ihre Medien bewußt. Sie setzt auf das Punktum des fotografischen Bildes, auf dessen Referenzcharakter und auf die dokumentarische Qualität des Videos. In der Zeichnung ergänzt sie spielerisch und fiktional die gefundenen Versatzstücke. Seltsam verloren und doch beunruhigend präsent begegnen uns Charaktere oder deren Entwurf.# (Text von Wiebke Loeper, Dez. 2007)
Ort: KOMET BERLIN bis: 2007-12-22
Künstler: Arno Bojak
Thema: Bildeten noch vor einigen Jahren in Bojaks Bildern die Räume in ihrer Stofflichkeit die Sujets für Motivcollagen und gemalte Materialexzesse (Master of Tape), sind heute die aus schwebenden Kulissen bestehenden Welten die Auftrittsorte für große Figurengruppen, in welchen scheinbar gezielt historische Vorbilder anklingen. Wobei Bojak meint, er finde seine Themen eher bei „simplen Anlässen“ und verneint das „kunstgeschichtliche Gesuche“. So führen TV-Containerformat im Steinzeitdorf und Ludwig II Wagnergrotte zu Bojaks desaströser „Grotte“, ein Vortrag über die Vorläufer Ägyptischer Mythen gebiert „Die Zusammengenähten“. Bojak liebt Genrebilder mit offenen Fragestellungen, die Ambivalenz von Malerei und Story wird thematisiert als „Zumutung“, als „Zwischenraum“. In den Bildern von Arno Bojak sind die Apokalypsehoffnungen unserer Gegenwart bereits Teil der neuen Wirklichkeit. „Dr. Frank ́n ́Stein“ produziert seine Homunkuli in Serie. Die Kreaturen dürfen sich gegenseitig bei der Vollendung durch den Meister zusehen, sie scheinen mit kalter Wollust teilzuhaben und können assistieren. Der Schöpfer (er trägt unverkennbar selbstportraithafte Züge), arbeitet nicht im Verborgenen, sondern zelebriert seine Kunst im Baumarkt zu den erweiterten Öffnungszeiten. // Wir begegnen in Bojaks Bildern unseren Zeitgenossen auf der sehnsuchtsvollen Suche nach neuer Gestalt, nach neuer Identität. Die Figuren agieren nach einem geheimen Plan in absurde Tätigkeiten verstrickt, blitzlichtartig für den Betrachter sichtbar, die Spiegel bergen Trümmer und Zitate, Kunstgeschichte und Trockenbau.// Eine Serie liebevoll gemalter Portrait-Hybriden entstand in jüngster Zeit, Charaktere vor malerischen Ordnungen geben den Kontrast zu den zeitgleich entstehenden großformatigen Schlachten der Malerei. // (Text von Frank Diersch)
Ort: KOMET BERLIN bis: 2007-11-17
Künstler: Torsten Solin
Thema: Torsten Solin thematisiert in seiner Fotoserie DOLLS den Umgang mit dem heutigen Schönheitsideal, insbesondere den Drang zur illusionistischen Optimierung und den Eingriff in das Naturgeschehen. Die grenzenlose Schönheit seiner Geschöpfe paart sich unmittelbar mit dem schönen Schein. Gleichzeitig offenbart sich die nüchterne Unausweichlichkeit des Lebens und frustrane Realität des Daseins, nämlich die unabdingbare Konsequenz in Tod und Vergänglichkeit.