Ort: km temporaer bis: 2013-09-13
Künstler: Francisco Montoya Cázarez, Antoine Renard, Oval Office, Luc Mattenberger, Gwenola Wagon & Stéphane Degoutin, Baden Pailthorpe, Sarah Sweeney, Anne de Vries, Bettina Pousttchi, Sascha Pohflepp & Alexandra Daisy Ginsberg
Thema: Mit seinem klassischen utopischen Werk „Nova Atlantis“, dem Entwurf einer technisch und entwicklungsgeschichtlich weit fortgeschrittenen Zivilisation, bereicherte Francis Bacon den Wissensdiskurs sowie die Auseinandersetzung mit der Frage nach dem Fortbestehen und den Grenzen des Fortschritts. Zentral in seiner Vorstellung einer idealen Gesellschaftsform, die in der Idee einer untrennbaren Symbiose aus progressiver Wissenschaft, ökonomischem Wachstum und sozialer Gerechtigkeit verankert ist, war die Steigerung des Wohlergehens der Menschen mittels Erfindungen, die sich aus der Macht des Wissens speisen und den Überfluss fördern. Während mit der fortschreitenden Automatisierung von Maschinen im 19. Jahrhundert Naturwissenschaft und Technik endgültig zum vermittelnden Element einer besseren Zukunft avancierten, begannen mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts sowohl der Euphorismus der Baconschen Fortschrittsvision als auch die Begierde nach einem zukünftigen Idealzustand mit dem Aufkommen selbstkritischer Utopien und dystopischer Abhandlungen bis in die heutige Zeit zu schwinden. Wenn wir heute, im sogenannten „nachutopischen Zeitalter“, nach einer angemessenen Perspektive der Utopie fragen, erhalten wir ein paradoxes Resultat: Die Utopie als alltägliche Terminologie visiert wohl kaum noch ein fortschrittliches alternatives Modell der Gegenwart, sondern vielmehr das Irreale und nicht zu Verwirklichende. Dennoch scheinen sich jüngst insbesondere im Hinblick auf die derzeitigen Debatten über staatliche Überwachung und computerisierte Waffen, die Risiken erzeugter Technologien, vor denen bereits Norbert Wiener in seiner kybernetische Theorie warnte, zu bewahrheiten: Die Befürchtung, dass mit technologischem Fortschritt auch Maschinen lernfähiger werden, sie der menschlichen Kontrolle entfliehen und letztlich den Freiheits- und Individualitätsanspruch des Menschen gefährden. Es stellt sich demnach die Frage, ob wir statt progressiver Erneuerungen nicht vielmehr Rückschritte tätigen, während uns der technophile Rauschzustand meist gewissen- und bewusstseinslos die originelle Informationstechnik affirmieren lässt. Eine neomaterialistische Sichtweise verspricht womöglich eine Antwort darauf: Mit der Aneignung und Nutzung von Medienkompetenz und dem kritischem Umgang mit Innovationen, sieht sie die Chance, Potentiale sinnvoll zu nutzen und neue Möglichkeiten etablieren zu können, die auch für zukünftige Visionen fruchtbar sind. Denn als selbstorganisierende Bestandteile unserer Materie münden sie in Erzeugnisse, deren synthetischer materieller Basis wir Menschen uns gegenwärtig noch nicht bewusst sind. In der Ausstellung „new atlantis“ werden zeitgenössische Postionen internationaler Künstlern präsentiert, die kulturkritischen und optimistischen Ansätzen folgend, sich dem Fortschrittsgedanken und seinem Ursprung in utopischen Visionen, der Genese sowie den Auswirkungen von Innovationen, widmen. Die Künstler untersuchen die sich stetig neudefinierende Materialität unserer Konsumgesellschaft sowie ihre Mechanismen der Produktion. Einige setzen sich hierbei mit evolutionären Entwicklungsprozessen auseinander und experimentieren mit der Synthese heterogener Objekte unserer Umwelt und deren gegenseitigem Wirken aufeinander. Sowohl die automatisierenden Mechanismen als auch das anhaltende öffentliche Gedächtnis unserer digitalen Kultur werden zukunftsperspektivisch betrachtet und mit den ursprünglichen Handlungsfähigkeiten und Gedächtnisleistungen des Menschen, konfrontiert. Hierbei werden Zukunftsvisionen von der Durchbrechung bestehender Artgrenzen, genetisch generierter Organismen und maschineller Mischwesen zur Bereicherung unseres Lebens künstlerisch reflektiert, weiterentwickelt und in Frage gestellt. Andere thematisieren in ihren Werken die Attribute technologischer Neuerungen und wie diese in der Interaktion ökonomischer, politischer und militärischer Institutionen für autoritäre Zwecke genutzt werden. Die Ästhetik intelligenter Maschinen und erweiternder Systeme wird in den Vordergrund gerückt, um ihre diametralen Definitionsmöglichkeiten und Funktionen offenzulegen, wobei schließlich dem Betrachter die Entscheidung über ihre inhärente Kraft des Guten oder Bösen überlassen wird. / teilnehmende Künstler: Francisco Montoya Cázarez Antoine Renard Oval Office Luc Mattenberger Gwenola Wagon & Stéphane Degoutin Baden Pailthorpe Sarah Sweeney Anne de Vries Bettina Pousttchi Sascha Pohflepp & Alexandra Daisy Ginsberg Kuratoren: Elisa R. Linn / Lennart Wolff / Judith Lavagna / Vernissage: Friday, August 23, 2013 at 7 pm Veranstaltung: 07 September, 2013 Future Apparatus of Loving Grace; readings on Utopia Rodrigo Maltez Novaes.
Ort: km temporaer bis: 2013-06-14
Künstler: Rick Silva / Davide Cascio / eteam / Yuichiro Tamura / Trevor Lloyd /Simon Deppierraz / Nicolas Boillot / Stefan Riebel / Julian Charrière / Spiros Hadjidjanos / Daniel Schwarz
Thema: Die Kartierung, die in analoger Form anhand verschiedenster künstlerischer Techniken zur bedeutenden Strategie in der Kunst anvancierte, erfährt gegenwärtig durch neue kartographische Bereicherungen in der Computerkultur eine Renaissance. Das Internet und die Smartphone-Ära bringen erweiternde Technologien hervor, die das menschliche Phantasma eines dynamischen Zugriffs auf die bildliche Oberfläche unserer Welt real werden lassen. Durch sie, folgt man Lev Manovich, wird der virtuelle Raum zugunsten eines mit Daten verdichteten multidimensionalen Raumes ersetzt. Diese Entwicklung zur Überlagerung von Datenflüssen und einer georeferentiellen Medienästhetik schafft Orientierungssysteme, die uns zu vermeintlich selbstständigen Subjekten werden lassen und den längst vollzogenen paradigmatischen Wechsel vom Internet zum Geoweb versinnbildlichen. Wo einst Bilder spezifischer Orte, die stets auf der imaginären Ebene verhaftet blieben, fotografisch erzeugt wurden, scheinen wir nun die Fähigkeit zu erlangen, uns durch die konkrete Anordnung von Bildern auf der digitalen Karte existente Orte real vorzustellen, kennen und sogar erleben zu können. Als visuelle Kontrollkultur manifestiert sich dieser Raumbezug in unserer alltäglichen Lebenswelt und strebt danach, die menschliche Sehnsucht nach Nachvollziehbarkeit abstrakter, nicht fassbarer Konstrukte und die ihren zugrunde liegenden Strukturen und Dynamiken durch bildliche Rationalität zu stillen. In der Ausstellung „(n)on site“ werden zeitgenössische Positionen der analogen und digitalen Kunst präsentiert, die sich den Parametern des Raumes und seinen territorialen Bindungen widmen. Durch Momente der Diskontinuität setzen die Künstler der Wiederkehr zum physischen Raum und dem gegenwärtigen Verlangen nach objektiver Realität einen irrationalen Impuls entgegen, indem sie die an unsere eigene geistige Perspektive gebundene Wahrnehmung in ihren Werken erfahrbar machen. Sie konfrontieren mit der Frage nach der Austauschbarkeit räumlicher Bezugssysteme und transformieren sie zum anonymen Exempel. In einigen Werken wird die Karte als Erkenntnisinstrument und funktionale Verweisstruktur entmaterialisiert, verneint und umgekehrt - aus pragmatischen Modellen kann so eine poetische Ästhetik entstehen, die fern der losgelösten Perspektive das Prinzip der Verortung aufhebt. In anderen Arbeiten kommt es zu einer diametralen Gegenüberstellung des unberührten Naturraumes als unbezwingbarem Mythos und dem vom Menschen angeeigneten und gestalteten Raum, die schließlich fiktive und vorhandene Existenz vereint. Dabei werden auch Entgrenzungsphänomene offengelegt, deren Bedeutung mit dem fortschreitenden Globalisierungsprozess stetig zunimmt. Kuratoren: Elisa R. Linn / Lennart Wolff
Ort: km temporaer bis: 2012-11-11
Künstler: Navid Tschopp, Stefan Riebel, Fayçal Baghriche, Johannes P. Osterhoff, Aram Bartholl, Florian Kuhlmann, Karl Heinz Jeron , Sebastian Schmieg, Thomas Lindenberg, Karen Eliot, Niko Princen
Thema: "reflecting on networks / artistic strategies using the web“ beschäftigt sich mit den Möglichkeiten und Bedingungen künstlerischer Praxis im digitalen Zeitalter. Ein zentrales Interesse gilt der Bedeutung, die dem Einsatz von Medientechnologien in den verschiedenen Arbeiten zukommt. Als Kommunikations- oder Recherchemedium, als interaktive Plattform oder als technologisches System rücken unterschiedliche Funktionen der digitalen Medien in den Vordergrund und lassen so verschiedenartige künstlerische Strategien fassbar werden. Präsentiert werden Werke von KünstlerInnen, die sich mit gesellschaftlichen, sozialen und politischen Veränderungen in einer technik- und datenorientierten Welt auseinandersetzen. Veränderte Wahrnehmung von Raum, Privatsphäre und Eigentum durch die alltägliche Nutzung des Internets werden in den einzelnen Werken ebenso thematisiert wie die Kanalisierung und Transformation von Informationen durch Suchmaschinen, Social-Media Plattformen und Videoportale. Das Internet wird von einigen Künstlern gezielt als Instrument genutzt, um einen wechselseitigen Austausch zwischen Usern zu fördern und diesen vom virtuellen in den realen Raum zu transponieren. Andere Arbeiten fokussieren auf die Interaktivität zwischen Mensch und Maschine, zwischen Nutzer und komplexen informationsverarbeitenden Systemen, die heute ein integraler Bestandteil des täglichen Lebens sind. Die Künstler setzen sich kritisch mit den netzmedialen Verfahren zur Regulierung von Benutzeroberflächen im Internet auseinander, die in Form von Datenfilterung sowie staatlichen Restriktionen und Kontrollmechanismen in Erscheinung treten und schaffen teils strategische Umgangsformen für die heutigen Bedingungen im Netz.