Realität und Metamorphose. Graphik aus Leipzig. Ausstellung Berlin

Ausstellung Auktionshaus Ostdeutsche Kunstauktionen

Datum: 04.06.2009 - 02.07.2009

Künstler: Wolfgang Biedermann, Bernhard Heisig, Karl-Georg Hirsch, Wolfgang Mattheuer, Rolf Münzner, Willi Sitte, Volker Stelzmann und Werner Tübke

Veranstalter & Ort:
Auktionshaus Ostdeutsche Kunstauktionen
10243 Berlin
Karl-Marx-Allee 123

Kunst aus Leipzig, von der Kunstkritik zur sogenannten „Leipziger Schule“
zusammengefaßt, hat sich im Zeitraum der vergangenen fünfzig Jahre zu einer
der bemerkenswertesten Kunstströmungen Gesamtdeutschlands entwickelt.
Auch im stets wiederkehrenden Kunststreit zwischen Ost und West steht
Leipzig regelmäßig im Focus der Betrachtung. Denn das Für und Wider in der
Bewertung ostdeutschen Kunstschaffens richtet sich weit weniger auf die
vielschichtigen Erscheinungsformen der Kunst in der DDR, sondern kanalisiert
sich im Wesentlichen auf die Hauptvertreter der „1. Leipziger Schule“. Die
Arbeiten Bernhard Heisigs, Wolfgang Mattheuers, Werner Tübkes und Willi
Sittes wurden so zu einem Symbol der DDR-Kunst im Westen Deutschlands.
Dabei ist der Begriff „Leipziger Schule“ ebenso irreführend wie jedweder
andere Schulbegriff in der Kunstgeschichte, nivelliert er doch beträchtliche
Unterschiede in Gehalt und Gestaltungsweise der Kunst. Diese Ausstellung
konzentriert sich mit der Auswahl der präsentierten Arbeiten jedoch weniger
auf die ohnehin für Jedermann sichtbaren Unterschiede, sondern möchte das
Einende und Gemeinsame im Werk der Leipziger Künstler in den Vordergrund
stellen. So ist das für Leipziger Künstler so charakteristische Streben nach
öffentlichkeitswirksamem Selbstausdruck mittels Allegorien, Metaphern und
Symbolen in der Graphik ebenso festzustellen wie das Aufgreifen von Themen
der Historie, Literatur und Philosophie.
Anders als in den großen Kunstzentren des Landes, wie Dresden oder Berlin,
kann Leipzig kaum auf erwähnenswerte künstlerische Historie zurückblicken.
Erst mit der Wiedereröffnung der Hochschule für Grafik und Buchkunst 1946
und der Einrichtung einer leistungsstarken Druckerwerkstatt unter der Leitung
Horst Arloths, wurden die Voraussetzungen dafür geschaffen, die graphischen
Techniken als künstlerisches Gestaltungsmittel zu nutzen und zu begreifen.
„Die Ausbildung solch stilistischer Methoden wie Verschlüsselung des
Bildgehaltes durch Allegorien (Mattheuer), Anwendung der Simultanmethode
(Tübke) oder einem Lakonismus, der sich in gegenständlich verknappten,
expressiv gesteigerten Sinnbildern äußert, wurde in Leipzig wesentlich durch
den Einfluß jener zeichnerischen Tradition begünstigt, die durch die Hochschule
für Grafik und Buchkunst an das Literarische und an das Buch gebunden ist
(Lothar Lang).“ Die graphischen Arbeiten der Mitglieder der „1. und 2. Leipziger
Schule“ bilden deshalb weit mehr als nur einen Grundstock im bildnerischen
Schaffen der Künstler, sondern stehen gleichberechtigt neben dem malerischen
Werk. Es mag nicht verwundern, daß die Väter der „Leipziger Schule“,
Wolfgang Mattheuer, Bernhard Heisig und Werner Tübke an dieser Hochschule
studierten, um später als Lehrer produktiver Ausgangspunkt für die nachfolgen-
den Künstlergenerationen zu werden. So ist der Einfluß der expressiv-leiden-
schaftlichen Arbeiten eines Bernhard Heisig auf Hartwig Ebersbach und Walter
Libuda unübersehbar. Ebenso verhält es sich mit den formstrengen, metapho-
rischen Holzschnitten Wolfgang Mattheuers auf das Werk Uwe Pfeifers oder
die intellektuell unterkühlten Simultanbilder Werner Tübkes auf das Werk
Heinz Zanders und Volker Stelzmanns.
Neben den Künstlern, welche die Leipziger Szene mit ihren mehr oder minder
deutlich zu erkennenden Anklängen an das Werk der „Viererbande“ Heisig,
Mattheuer, Tübke und Sitte (als Satellit) bis heute vertreten, etablierte sich
eine Gruppe von hochbegabten Graphikern, die aus der „Leipziger Schule“ her-
vorgegangen sind. Das Haupt der Leipziger Holzstecher-Schule ist zweifelsohne
Karl-Georg Hirsch. Sein Werk ist nicht nur auf exzellente Buchgraphik
beschränkt, es existiert auch ein umfangreiches freies druckgraphisches
Œuvre. „In der Technik des Holzstichs“, so Lothar Lang, „erreichte Hirsch jene
Klassizität und Modernität, die ihn zu einer herausragenden Persönlichkeit in
der druckgraphischen Kunst werden ließen. Seine Stilmittel sind höchst vari-
abel, die anregende Gedanklichkeit der Blätter ist anspruchsvoll und
vieldeutig.“ Aufzuzählen sind viele, die seit den 1970er Jahren ein eigenständi-
ges Werk entwickelt haben. Die Stilrichtungen sind wohl auch in keiner
Kunstszene so vielfältig wie in Leipzig und seinem Umfeld. Aus diesem Kreis
sind neben Dietrich Burger, Sighard Gille, Ulrich Hachulla, Günter Horlbeck,
Hans-Peter Hund, Irmgard Horlbeck-Kappler, Joachim Jansong, Rolf Kuhrt,
Gerhard Kurt Müller, Günter Richter, Arno Rink, Frank Ruddigkeit, Peter
Schnürpel und Peter Sylvester zwei Künstler besonders hervorzuheben, die
auch in der Ausstellung vertreten sind: Rolf Münzner und Wolfgang E.
Biedermann.
Rolf Münzner, einst Schüler von Werner Tübke, hatte in der Aspirantur der lith-
ographischen Werkstatt von Horst Arloth das graphische „Handwerk“ der
Lithographie erlernt. Besonders mit seiner Schabtechnik auf dem Stein, schuf
er mit großer Erzählkraft graphische Arbeiten, die in der Leipziger Druckgraphik
einmalig und herausragend waren. Seine Fabulierkunst und sein Ideenreichtum
ließen ihn phantastisch-groteske Bilder erfinden, die wohl ihren Höhepunkt in
den Blättern zu „Der Meister und Margarita“ von Michail Bulgakow fanden.
Wolfgang E. Biedermann steht in der inhaltlichen Verflechtung seiner Kunst der
Künstlergruppe „Clara Mosch“ näher, da er in seinen Arbeiten die „inneren
Landschaften“ nach außen kehrt und sie fragmentarisch festhält. „Chiffre,
Zeichen, tektonische Segmente und informelle Gesten geraten zu einer Art
Stellvertreter-Bewältigung des Naturbefundes“, so Klaus Werner in seiner
Äußerung über den Künstler in „Ich erfinde und ich bin es ...“ (Arkade 1981).
Diese Aussage ist wohl eine der treffendsten Einschätzungen über die
Leipziger Kunstszene.
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