Carl Andre Ausstellung Bozen

Ausstellung Museum Museion für moderne und zeitgenössische Kunst

Datum: 17.09.2011 - 08.01.2012

Künstler: Carl Andre

Veranstalter & Ort:
Museum Museion für moderne und zeitgenössische Kunst
39100 Bozen
Piero-Siena-Platz 1

„Meine Arbeiten erklären die Welt nicht, sie verändern sie”
Carl Andre

Als Begründer der Minimal Art und als lebende Legende hat der US-amerikanische Künstler Carl Andre mit seinem ebenso radikalen wie konsequenten Werk den Begriff der Skulptur revolutioniert und damit einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung der Kunst im 20. Jahrhundert ausgeübt. Wenige Monate nach der Verleihung des renommierten Kunstpreises der Roswitha Haftmann Stiftung zeigt das Museion – Museum für moderne und zeitgenössische Kunst in Bozen die erste diesem bedeutenden Künstler gewidmete Einzelausstellung in einem italienischen Museum.
Im Erdgeschoss und im vierten Stock werden mehr als 20 Werke gezeigt – großformatige Installationen sowie kleine und mittelgroße Arbeiten, die von den späten fünfziger Jahren bis heute entstanden sind und aus privaten und öffentlichen Sammlungen stammen. Teil der Ausstellung ist auch die berühmte und selten gezeigte Installation „Wirbelsäule”, die 1984 in Basel entstanden war und in Bozen im öffentlichen Raum vor dem Museion zu sehen sein wird. Die Bozner Ausstellung stellt darüber hinaus Carl Andres „Poems” vor, wenig bekannte Textarbeiten, die für das Denken dieses Künstlers aber von großer Bedeutung sind. Gezeigt wird auch eine Auswahl der von Carl Andre gestalteten Künstlerbücher, darunter auch Quincy Book, das Andre 1973 seiner Geburtsstadt gewidmet hatte.
Die Erkenntnis „dass es meine Berufung ist, die Materialien als Schnitte in den Raum hinein zu setzen und nicht, in den Raum meiner Materialien hinein zu schneiden” steht 1959 am Anfang von Carl Andres kompromissloser Wendung zum Grundsätzlichen, die das Konzept von Skulptur völlig neu definiert und dessen Lebenswerk so einzigartig macht.

Carl Andre entscheidet sich dann auch gegen die Vorstellung, einen Werkstoff – wie in der konventionellen Bildhauerkunst – zu behauen oder zu formen oder die einzelnen Bestandteile einer Skulptur fest miteinander zu verbinden, etwa durch Kleben oder Schweißen. Er akzeptiert die Werkstoffe wie er sie vorfindet, mit jenen Maßen und Eigenschaften, die von Handwerk oder Industrie vorgegeben sind – Stahl, Kupfer, Aluminium, Kalksandstein, Gasbeton, Holzbalken oder Graphit, Materialien, die dann unverändert eingesetzt werden. „Ich möchte Holz als Holz, Stahl als Stahl, Aluminium als Aluminium, einen Heuballen als Heuballen”, sagt Carl Andre, dessen Arbeiten eigenständig und immer „elementar” sind – einfache Objekte mit vorgegebenen physikalischen Eigenschaften, die keinen Inhalt transportieren wollen. Nur wenn jene Elemente, aus denen sich eine Arbeit zusammensetzt, als unantastbar begriffen werden, können sich – und das wird zu Carl Andres fester Überzeugung – die ihnen innewohnenden bildhauerischen Fähigkeiten voll entfalten.

Von der Skulptur als Form zur Skulptur als Struktur, um schließlich bei der Skulptur als Ort zu landen: Diese Beschreibung, die der Künstler selbst über die Entwicklung seiner Arbeit abgegeben hat, ist bereits in die Handbücher der Kunstgeschichte eingegangen. „Ich habe immer einen Ort im Sinn, nicht so sehr einen spezifischen, aber die Proportionen eines Ortes”, sagt Carl Andre. Dieser Künstler schafft „Orte” und ordnet sie so an, dass Ausstellungsbesucher oft gezwungen sind, darüber oder um sie herum zu gehen. „Ich hasse Information. Ich will Erfahrung” – dieser von Carl Andre formulierte Satz gilt auch für seine Skulpturen und Installationen – physisch erfahrbare „Kunst”-Orte, die auf eine äußerst diskrete Weise die Wahrnehmung von Leerräumen verändern. Auch in Bozen: So werden die Besucher im Erdgeschoss des Museion über die 225 Stahlplatten der Arbeit 15x15 Napoli Square (2010) gehen und sich zwischen den drei Holzpyramiden Glärnisch, Urn und Star (2001) bewegen. Wie über ein 23 Meter langes stählernes Laufband schreitet man im vierten Stock über die 46 Elemente von Roaring Forties (Madrid, 1988) oder steht vor den sich windenden Stahlbändern von 7-Part-Sort (London, 1972) – die physische Erfahrung ist hier der Ausgangspunkt aller Erkenntnis.

Eine 2011 stattfindende Carl-Andre-Ausstellung will vor allem ein Versuch sein, mit seinem Werk auf seine eigene Frage, was mit dem Kunstobjekt geschehen sei, zu antworten, aber auch ein Vorschlag, seinen künstlerischen Werdegang als möglichen und bedeutenden Weg in einer Epoche virtueller und globaler Kommunikation darzustellen, als eine Kunst also, die die Welt verändern will, indem sie für eine reale Beziehung zu ihr plädiert, erklärt die Direktorin des Museion, Letizia Ragaglia. In den vergangenen zwei Jahren hat sich das Museion in mehreren Ausstellungen intensiv mit der Kunstform Skulptur und deren Positionierung in der zeitgenössischen Kunst befasst – unter anderem mit Arbeiten von Monica Bonvicini, Gabriel Kuri, VALIE EXPORT oder Isa Genzken. Mit der Retrospektive von Carl Andre erhält dieses Ausstellungsprogramm im Herbst 2011 auch eine historische Dimension.

Carl Andre (Quincy, Massachusetts, 1935) lebt und arbeitet in New York. Von 1951 bis 1953 studiert er an der Phillips Academy in Andover (Massachusetts) und teilt sich seine Werkstatt mit Frank Stella, der sein Werk ebenso beeinflusst wie etwa Constantin Brâncuşi. 1965 stellt er seine Arbeiten im Rahmen der Ausstellung „Shape and Structure” n der Galerie Tibor de Nagy in New York zum ersten Mal öffentlich aus. 1969 nimmt er an der legendären von Harald Szeemann in der Kunsthalle Bern kuratierten Gruppenausstellung „Live in your head: when attitude becomes form” teil, 1970 folgt dann die Einzelausstellung „Primary Structures” im Solomon R. Guggenheim Museum in New York. Seitdem hat Carl Andre seine Arbeiten in zahlreichen Einzel- und Gruppenarbeiten in den wichtigsten Museen und Galerien in Europa und den USA gezeigt. Im Mai 2011 wurde er in Zürich für seine „innovative künstlerische Leistung“ mit dem Preis der Roswitha Haftmann Stiftung – dem höchstdotierten europäischen Kunstpreis – ausgezeichnet.

Foto: Seehauser
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