13.05.2025 - 30.08.2025
Kneipenlust. Fotografien von Mats Alfredsson, Schweden
Ort: Gastfeld Gallery bis: 2025-03-29
Künstler: Treacy, Paul
Thema: »After nightfall is my favourite time to make photographs. I love that time. The light. The dark. The creatures. The shadows. The sounds. The erriness. The quiet. The atmosphere of all of these together. I love the heightened sense of awareness. Of being utterly in the moment. Of having the streets to myself.« Paul Treacy ist ein in Dublin geborener irischer Fotograf, der gegenwärtig in London wohnt und, wie er selbst sagt, sich immer auf der Suche nach dem Geheimnisvollen und Bedrohlichen im Alltäglichen befindet. Als Kind hat Paul in Irland, Bahrain und Saudi-Arabien gelebt, was für ihn eine Menge visueller und kultureller Anregung bedeutete. Später besuchte er in Irland die Kunstschule für Grafikdesign und studierte Fotografie in England. Auch verbrachte er einige Zeit in New York City und studierte dort am International Center of Photography (ICP). Mehr als 30 Jahre lang arbeitete er in der Nachrichten-, Dokumentar- und kommerziellen Immobilienfotografie. Seine Arbeiten sind erschienen in The New York Times Magazine, The Guardian, The Times and Sunday Times, The Irish Times, in der Irish Independent, bei der BBC, bei CNN, bei der Press Association, auf verschiedenen Buchumschlägen und mehr. Auch wurden seine Bilder in verschiedenen Ausstellungen in England und den USA gezeigt. Zur Zeit konzentriert er sich darauf, sorgfältig kuratierte eigene Straßenfotografien aneinanderzureihen und daraus kleine handgefertigte Bücher für anspruchsvolle Sammler zu erstellen. Das sei für ihn fast so wichtig wie das Fotografieren selbst. In einem Interview mit der Website upphotographers.com wurde Paul unter anderem gefragt, was er fotografiere, wann und warum. Dieses waren seine Antworten: Was? Das Leben, so wie es auf mich zukommt, das ist es. Wo immer ich bin, was immer ich tue, mit wem auch immer, ist Hier und Jetzt. Wenn ich wach bin, habe ich eine Kamera zur Hand, denn man weiß nie, wann sich ein Foto anbietet. Ich mache das seit 1988, kurz bevor ich an die Kunstschule kam. Wann? Ich gehe jeden Tag spazieren, mit oder ohne meinen Hund. Dbei entstehen viele Bilder. Aber auch, wenn ich arbeite. Bei meinem letzten Job hatte ich Immobilienaufträge in ganz London und habe oft auf dem Weg zwischen den Objekten Fotos aufgenommen. Warum? Weil ich einfach muss. Fotografie, Straßenfotografie oder vielleicht insbesondere Zufallsfotografie, ist meine Art, in der Welt zu sein. Es ist das, was ich zu bieten habe. Es ist das, was ich am besten kann. Die Ausstellung im Gastfeld ist die erste des Fotokünstlers im kontinentalen Europa. Am 14.12. findet um 19.00 Uhr eine Vernissage in Anwesenheit von Paul Treacy statt. Der Bremer Fotokünstler Folker Winkelmann wird eine Rede halten und das Bremer Singer/Songwriter-Duo Chrisy Stoll & Sven Warnke seine Acoustic Folk-Pop-Songs darbieten.
Ort: Gastfeld Gallery bis: 2024-12-12
Künstler: Margeaux Walter
Thema: Margeaux Walter ist eine in Seattle, WA, geborene Fotokünstlerin, die jetzt in Brooklyn, NY, und Los Angeles, CA, lebt und arbeitet. Sie verwendet Fotografie, Video und Lentikularbilder, um akribisch inszenierte Gesellschaftssatiren zu kreieren. Dabei greift sie häufig auf persönliche Erfahrungen und Geschichten zurück. Ihre Arbeiten sind intime Erkundungen des täglichen Lebens auf familiärer, sozialer und persönlicher Ebene. Walter spielt mit der Grenze zwischen Realität und Fantasie. Jedes Werk besteht aus mannigfachen Bildern, echten Fotografien, maßstabsgetreuen Modellen und Studioporträts. Sie repliziert die visuelle Bildsprache, die wir ständig in den Medien und der Werbung sehen, kommentiert satirisch das Überangebot an Bildern, mit denen wir täglich bombardiert werden, und untersucht deren Auswirkungen auf unsere Identität. »Indem ich die visuellen Auslösereize der Werbung, inszenierte Umgebungen, Studiobeleuchtung und gesättigte Bilder verwende, fungiert meine Arbeit als eine alternative Kampagne für die psychologischen Auswirkungen des modernen Lebens«, schreibt sie. Die Arbeiten der Serie »All Natural« machen auf die Trennung aufmerksam, die zwischen Mensch und Natur entstanden ist. Walter tut dies dadurch, dass sie Umgebungen schafft, die auf einem schmalen Grat zwischen Fantasie und Realität liegen. Sie stellt selbst die Charaktere in diesen Umgebungen dar und die Kamera dient zur Dokumentation ihrer Erfahrungen. Diese Werke laden den Betrachter ein und ziehen ihn auf den ersten Blick mit einem Hauch von Humor in ihren Bann, erzeugen aber durch die Beziehbarkeit eines jeden Bildes eine bleibende Wirkung. Auf ihrer Website berichtet Walter, dass ihre fortlaufende Erkundung »All Natural« in Quarantäne entstanden ist. »Diese Bilder spiegeln den Wunsch des Menschen wider, sich mit der Natur zu verbinden, und das Scheitern dieser Verbindung durch den Einfluss von Kommerz, Konsum, Lebensstil und Komfort. Aufgrund von Covid-19 wurden wir noch mehr von der Natur, voneinander und von der Welt isoliert, was einige dieser Gefühle vervielfacht.« In einem Interview mit der französischen Zeitschrift Courrier international sagte Margeaux Walter über diese Serie: »In diesen Bildern inszeniere ich Interaktionen mit der Natur außerhalb jeder natürlichen Umgebung. Die Figuren in den Szenen versuchen, die Natur zu domestizieren, von ihr Besitz zu ergreifen und mit ihr zu koexistieren. Die Natur verschwindet und verändert sich aufgrund des Klimawandels, und die Figuren in diesen Bildern versuchen, sie zu verewigen. Wir finden neue Wege, unsere natürliche Umgebung zu simulieren, während wir sie immer mehr verlieren.« Auf die Frage, welches Gleichgewicht zwischen Surrealismus, Humor und einer tieferen Reflexion sie anstrebe, antwortete sie: »Humor ist mir sehr wichtig: offen, subtil oder schwarz, das hängt von den Bildern ab. Ich arbeite mit Humor, um eine Botschaft zu vermitteln, denn Humor ist verständlich und zugänglich, selbst wenn er eine düstere Botschaft enthält. Man muss über sich selbst lachen, weil man so seine Gefühle und sein Verhalten am besten verstehen kann, ebenso wie die Lächerlichkeit des modernen Lebens. Darüber hinaus war mir die Farbe schon immer wichtig. Meine Werke sind maßgeblich von den visuellen Codes der Werbung beeinflusst. Ich verwende ähnliche Farben und Techniken, weil ich meine Arbeit als scheinbare Werbung für das moderne Leben, als Parodien, konzipiere. Die knalligen Farben sind eine Anspielung auf diese Idee.« Margeaux Walter erhielt ihren MFA (Master of Fine Arts) vom Hunter College im Jahr 2014 und ihren BFA (Bachelor of Fine Arts) von der Tisch School of the Arts der New York University im Jahr 2006. Sie hat für ihr Œuvre eine Vielzahl von internationalen Preisen erhalten, sie hat an Dutzenden von Ausstellungen teilgenommen und wurde mit mehreren Artist-in-Residence-Programmen, u.a. auch in Peking und Australien, ausgezeichnet. Ihre Arbeiten wurden unter anderem in Publikationen wie The New York Times, New York Post, Seattle Times und Boston Globe veröffentlicht. Die Ausstellung im Gastfeld ist die erste der Künstlerin in Deutschland.
Ort: Gastfeld Gallery bis: 2024-08-31
Künstler: StreetMax21
Thema: StreetMax21 ist in Dundee, Schottland, geboren und aufgewachsen, besuchte das dortige Duncan of Jordanstone College of Art und lebt heute in London. Früher arbeitete er als Architektur- und gelegentlich Pressefotograf. Seit 2016 hat er zahlreiche Preise und Auszeichnungen erhalten und hatte sehr viele Ausstellungen, im Vereinigten Königreich, in anderen europäischen Ländern, in den USA und in Asien. Die Ausstellung bei uns im Gastfeld ist jedoch seine erste in Deutschland. Zu seinem Projekt »The Poetry of the Ordinary« schreibt er: »Ich bin ein typischer Straßenfotograf, der in Echtzeit fotografiert und dabei auf äußere Einflüsse in einer sich entwickelnden modernen Straßenumgebung achtet. Absichtlich mache ich jedoch Bilder von ereignislosen Szenen, ohne die überstrapazierten Motive und improvisierten Techniken, die in der konventionellen Straßenfotografie häufig verwendet werden. Ich will das Genre unterlaufen. Ich baue ein visuelles Vokabular auf und entwickle im Laufe der Zeit einen charakteristischen Stil, der auf dem einfachen, sogar langweiligen Konzept basiert, Menschen beim Gehen aufzunehmen. Sie gehen ohne Aufhebens mit unbekanntem Ziel. Sie sind voneinander getrennt in plastischem Raum, in scheinbar choreografierten, aber ansonsten uninteressanten Tableaus. Die sprachlosen Personen, die jedes dieser Bilder bevölkern, sind durch nichts anderes miteinander verbunden als durch den Ort, an dem sie sich befanden, als die Aufnahme gemacht wurde.« Auf seiner Website führt er aus: »Als Straßenfotograf habe ich einen beobachtenden Blick darauf, wie unsere gegenwärtigen Umstände unser Verhalten als Einzelne und in Menschenmengen bestimmen. Zunehmend scheinen wir nur noch auf einer synthetischen Basis miteinander zu interagieren. Wir versuchen, uns mit Hilfe moderner Technologie massenhaft zu verbinden, achten dabei aber weniger auf die individuelle Verbindung. Ich denke, dass dieses durch die zunehmend gestaltete Umgebung, in der wir leben, noch verstärkt wird. Die Codes, die wir in ihr sehen, hören und lesen, wirken sich auf unsere Verhaltensprozesse aus und isolieren uns letztendlich. Bei der Entwicklung von Szenen versuche ich, architektonische Hintergründe auszuwählen, vor denen ich separierte Figuren darstellen kann, indem ich sie quer über die Bildfläche verteile oder choreografiere. Die Architektur wird zur Zufallssache in einer Szene oder Situation, die sich darin entwickeln kann oder auch nicht. Ich neige dazu, nach Orten oder Plätzen zu suchen, an denen Menschen vorbeigehen, ohne sich zu versammeln. Wenn es für den Anfang eine Figur oder zwei oder mehr Figuren gibt, die voneinander entfernt positioniert sind, warte ich zunächst, bis sich andere zu ihnen gesellen, in der Hoffnung, dass sie einen räumlichen und rätselhaften Dialog kreieren. Die Figuren wirken oft wie gestresste Automaten, die vorgegebene Szenen nachspielen. In einer Zeit, in der es immer schwieriger wird, zu erkennen, was menschlich ist und was nicht, dient ihre Isolierung voneinander dazu, eine unwirkliche und maschinenartige Förmlichkeit zu betonen. Diese isolierten Figuren müssen an sich nicht interessant sein, solange sie eine erzählerische Spannung mit anderen erzeugen. Es ist wichtig, dass die Figuren ein Element der Bewegung enthalten. Alles muss sich verändernd und im Fluss erscheinen und zugleich eine räumliche Einheit bewahren. In einer von Angst und Unsicherheit geplagten Zeit besteht immer noch die Herausforderung, einem Straßenbild der Roboterkonformität eine ungestüme Kreativität zu injizieren.«
Ort: Gastfeld Gallery bis: 2024-05-11
Künstler: Cha Gonzalez
Thema: Die fortlaufende Serie »Abandon« (Hingabe, Selbstvergessenheit, Leidenschaftlichkeit) ist das Hauptwerk der französischen Fotografin Cha Gonzalez, geboren 1985 in Paris, aufgewachsen in Beirut. Es dokumentiert Technopartys in Paris, Marseille, Beirut, Kiew und New York. Partys sind ein privilegierter Ort, ein Raum für Erkundungen, eine Zeit der Verschmelzung. Sexuelle Spannung steht einem Gefühl der Einsamkeit gegenüber, und beide sind symmetrisch und gleich stark. Verschiedene soziale Schichten, Geschlechter und Altersgruppen suchen nach menschlicher Verbindung und Hintertürchen in ihrem eigenen Bewusstsein und sozialen Verhalten. Durch ihre Arbeit erforscht Cha Gonzalez den tiefen Wunsch ihrer Motive, ihrem gewohnten Selbst zu entkommen. Sie beobachtet Dinge, die sie beruhigen – menschlicher Kontakt, Zärtlichkeit – aber auch das, was ihr Angst macht – Dissoziation, Wahnsinn. Die Ausstellung im Gastfeld ist die erste Ausstellung der Künstlerin in Deutschland. Weitere Infos auf www.gastfeldgallery.com
Ort: Gastfeld Gallery bis: 2024-01-27
Künstler: Markus Weaver
Thema: Markus Weaver ist in der Nähe von Minneapolis aufgewachsen, lebte dort an verschiedenen Orten, dann 20 Jahre in NYC und seit einigen Jahren ist er in Portland, Oregon, beheimatet. Angezogen von der Art von Licht und Dramatik, die es nur in der Nacht gibt, ist sein Genre die Nachtfotografie. Als er ein Kind war, ließ seine Mutter ihn ab und zu ihre Kodak Instamatic benutzen. Er liebte den gesamten Prozeß, er sagt, es sei die erste erinnerliche kreative Sache gewesen, die ihm etwas bedeutete. Die erste eigene Kamera war eine 35-mm-Exakta, die sein Großvater, der Arzt war, von einem Patienten geschenkt bekommen hatte. Sein Großvater hatte die Kamera an ihn weitergegeben und er fotografierte damit »so ziemlich alles«. Ende Januar 2019 erschien im amerikanischen Classics Magazine ein Interview mit Markus, das wir hier auszugsweise wiedergeben. Erzähle uns von deiner Reise zur Fotografie. Es war eine sehr langsame Entwicklung. Ich dachte, ich wollte Schriftsteller werden und ging auf eine Schule für Drehbuchschreiben und dann für Poesie, aber nichts von beidem blieb hängen. Ich habe versucht, Videos und Filme zu machen, und jahrelang als Motion Graphics Artist gearbeitet, aber nichts davon war meine Leidenschaft. Ich habe es auch mit Schauspiel und Gitarre versucht – nein! Die Fotografie war immer im Hintergrund, wie der beste Freund, von dem ich nicht erkannte, dass er meine wahre Liebe war, bis es fast zu spät war. Wir sind jetzt glücklich verheiratet. Wie würdest du deinen Stil und deine Ästhetik beschreiben? Instinktiv filmisch vielleicht. Es gibt eine Menge Details. Und seien wir ehrlich, es ist dunkel. Ist es stimmungsvoll? Ich denke schon. Manche Leute finden das Werk gruselig, aber die müssen Angst vor der Dunkelheit haben – für mich ist die Dunkelheit der Ort, an dem all die Schönheit lebt. Warum fotografierst du so gerne bei Nacht? Wegen der Dramatik – das Licht, die Farben, die gesteigerte Intensität von allem. Es langweilt mich, bei Tageslicht zu fotografieren, was merkwürdig klingt, aber es gibt kein Geheimnis, wenn alles sichtbar ist. Welches ist deine Lieblingskamera? Meine alte Leica M6 – wahrscheinlich, weil ich sie nicht mehr habe und ich sie romantisieren kann. Die Erfahrung, mit ihr zu fotografieren, war auf so vielen Ebenen erstaunlich, angefangen damit, wie sie sich in meinen Händen anfühlte und dem sanften Geräusch des Verschlusses. Was inspiriert und beeinflusst dich heute? Ich bin sehr inspiriert von der Fantasie von Kindern – ihre Herzen und Gedanken sind das Schönste, was es auf der Welt gibt. Wenn du jemals kreativ nicht weiterkommst, solltest du eine Weile mit einem Haufen Fünfjähriger rumhängen. Ich werde auch von Künstlern jeglicher Kunstform inspiriert, die ihre eigene einzigartige Sorte von Raketentreibstoff verbrennen. Wo auf der Welt wäre dein Traumort zum Fotografieren? Das mag lahm klingen, aber wo auch immer ich gerade fotografiere, ist mein Traumort. Es wird sich ebenfalls lahm anhören, aber überall, wo ich noch nicht gewesen bin, ist mein Traumort, weil es etwas Fantastisches ist, zum ersten Mal irgendwo zu sein und es mit völlig neuen Augen zu sehen. Allerdings hätte ich nichts dagegen, noch einmal für ein Wochenende nach Rom fahren. Verwendest du Referenzen für deine Ideen? Was ist dein kreativer Prozess? Ich nicht, und mein kreativer Prozess ist eine Art intuitives ›free for all‹. Darüber hinaus ist es wirklich nur ein Prozess des Tuns und Tuns und Tuns, daher weiß ich, was in jeder Situation möglich ist, und fühle mich offen für alles. Was ich zu wollen glaube, ist nie das, was ich wirklich will. Die Ausstellung im Gastfeld ist die erste des Künstlers in Deutschland.
Ort: Gastfeld Gallery bis: 2023-10-14
Künstler: Lois Bielefeld
Thema: Lois Bielefeld, geboren 1978, ist eine queere, serienbasierte Künstlerin, die in den Bereichen Fotografie, Audio, Video und Installation arbeitet. Ihre Arbeit stellt immer wieder die Frage, was Routine und Ritual mit Identitätsbildung und Personlichkeit verbindet. Ihre Fotoserien untersuchen das Verbindende in Beziehungen, die Menschen in unseren privaten und öffentlichen Räumen mit Essen, Wahrnehmungen von Zuhause und Gemeinschaft teilen. In ihren Serien wie »The Bedroom«, »Weeknight Dinners«, »New Domesticity«, »Celebration« oder »Neighborhood« bedient sich Lois Bielefeld eines hohen Maßes an Neugier, um die größtmögliche Bandbreite menschlicher Ausdrucksformen und Praktiken zu erforschen. Immer wieder entwaffnet Bielefeld Annahmen über »Normen« und optiert für die robuste Vielfalt menschlichen Lebens. Ihre Arbeit beginnt mit dem Akt des Schauens und basiert konsequent auf dem sich entwickelnden Austausch und der Verwundbarkeit zwischen Künstler und Subjekt. In dieser Zeit der Polarisierung der amerikanischen Gesellschaft fordert ihre Arbeit auf, Unterschiede nicht abzutun, sondern empathisch zu betrachten, wie sich unterschiedliche Werte unerwartet überschneiden können. Sie nutzt den Rahmen eines fotografischen Projekts, um einen gemeinsamen Raum zu schaffen, in dem die Inszenierungsmechanismen der Kunst zu aktiven Werkzeugen des Mitgefühls werden. Fasziniert von Menschen und der Art und Weise, wie ihre persönlichen Räume Aspekte ihrer selbst offenbaren, fängt Lois Bielefeld universelle menschliche Qualitäten ein und zeigt gleichzeitig ein Spektrum individueller Details. Ihre fesselnden Fotografien sind wunderschön komponiert und wirken wie komplexe Gemälde, in denen jedes Objekt eine Geschichte zu erzählen hat. Die Einstellungen werden zu Teilen eines größeren Puzzles, das Hinweise auf die Persönlichkeit jedes Einzelnen gibt. Aber der Fokus bleibt immer auf den Gesichtern der Hauptfigur(en); das macht die Bilder letztlich so stark. Es sind Studien über die menschliche Individualität. Die Bilder zeigen alles von persönlichen Verbindungen, faszinierender Familiendynamik, Offenheit und Freude bis hin zu Verletzlichkeit, Müdigkeit und Einsamkeit. Eltern und Kinder. Liebhaber. Geschwister. Singles. Alle so unterschiedlich und doch alle so heftig menschlich und gleich. Die Laufbahn von Lois Bielefeld begann in Milwaukee, Wisconsin. Sie erwarb ihren BFA (Bachelor of Fine Arts) in Werbefotografie am Rochester Institute of Technology und später ihren MFA (Master of Fine Arts) am California Institute of Arts. Sie arbeitete als Modefotografin in New York City und wandte sich durch die inspirierende Begegnung mit der niederländischen Fotografin Rineke Dijkstra der Fotografie als Kunstform zu. So begann sie 2008 mit ihrer ersten Fotoserie »The Bedroom«, die bis 2012 103 Porträts umfasste. Im Laufe der Zeit lebte sie in Rochester, Brooklyn, Alameda, Oakland, Los Angeles und Chicago, kehrte aber mehrmals für längere Aufenthalte nach Milwaukee zurück. Lois Bielefelds Arbeiten befinden sich in den ständigen Sammlungen des Leslie-Lohman Museum of Gay and Lesbian Art in New York City, des Museum of Wisconsin Art, des The Warehouse Art Museum und des The Racine Art Museum in Wisconsin. Sie hat ausgestellt in The International Center of Photography in New York City, in der National Portrait Gallery in Washington, D.C., im de Young Museum in San Francisco, im Museum of Contemporary Photography in Chicago, im Madison Museum of Contemporary Art und vielen weiteren Museen und Galerien. 2015 hatte sie eine zehnwöchige Künstlerresidenz in Luxemburg. Lois Bielefeld war schon immer fasziniert von den Gewohnheiten und persönlichen Räumen der Menschen und was diese offenbaren. Sie interessiert sich für die Ausgestaltung des Zuhauses, wie Menschen über Heim und ihre Rolle darin nachdenken und die Schnittmenge zwischen übergreifenden kulturellen Vorstellungen und persönlichen Manifestationen von Heimat. Über die fortlaufende Serie »New Domesticity« schreibt sie auf ihrer Website: »Ich habe darüber nachgedacht, wie Häuslichkeit heute aussieht, lange nachdem der Feminismus auf die amerikanische idealisierte hyper-rollengesteuerte Gesellschaft der 50er und 60er Jahre reagiert hatte. Anfang 2018 habe ich Porträts aller Künstler gemacht (und mit wem sie ihr Zuhause geteilt haben) und Audio-Interviews mit ihnen darüber geführt, wie Zuhause und das Schaffen von Zuhause heute aussehen. Seitdem bin ich von Milwaukee in die San Francisco Bay Area und nach Los Angeles gezogen und bin derzeit persönlich auf dem Weg dorthin, wo Heimat existiert. Ich bin neugierig auf den performativen Charakter dieser Porträts, darauf, wie wir derzeit Rollen in der Häuslichkeit verkörpern, und auf die kulturelle Landschaft des Zuhauses.« In einem Interview äußerte Lois Bielefeld: »I’m super nosy about people’s habits. I’ve always craved going into people’s homes – it’s inspiring, curious. It gives so many sometimes subtle and sometimes blatant insights about someone, and I just love to reveal that in my photography art.« Die Ausstellung in der Gastfeld Gallery ist die erste der Künstlerin in Deutschland.
Ort: Gastfeld Gallery bis: 2023-06-24
Künstler: Paul Kessel, New York
Thema: Erst im Alter von 70 Jahren begann er mit dem Fotografieren und ist heute, 15 Jahre später, einer der weltweit bekanntesten Künstler der Street Photography, überhäuft mit Preisen und Auszeichnungen. Sein vielfach preisgekröntes Foto »Q Train« aus der jetzt bei uns gezeigten Serie »Subway« ist wohl so oft wie kein anderes dieses Genres publiziert worden. Die Rede ist von Paul Kessel, der die meiste Zeit seines Lebens in New York gelebt hat und eine Karriere als Hochschullehrer für Klinische Psychologie und Psychoanalyse hatte. Nachdem er im Ruhestand war, seine Tochter eine eigene Wohnung hatte und nicht mehr bei ihm lebte, meldete er sich einen Monat vor seinem siebzigsten Geburtstag aus Langeweile beim International Center of Photography in New York City für den grundlegensten Kurs für Anfänger an, studierte dann neun Jahre an dem Institut und nahm an einer Rekordzahl von Kursen – mehr als 50 – teil. Ursprünglich interessierte Paul sich für Porträtfotografie, entdeckte aber die Straßenfotografie und tauchte darin ein: »Mein Hauptinteresse ist Straßenfotografie. Ich war die meiste Zeit meines Lebens ein ambitionierter Amateurgolfer und behandle Straßenfotografie als Sport. Normalerweise ist eine Aufwärmphase erforderlich und sobald sich eine gewisse Dynamik entwickelt hat, gibt es gelegentlich eine sehr gute Aufnahme unter vielen, die man vergessen kann. An seltenen Tagen verfalle ich vielleicht in diesen schwer fassbaren Zustand des ›being in the zone‹.« »A photograph does not succeed by content alone«, sagte Paul dem Blog The Phoblographer. »Photography is about vision, persistence, perception, memory, lots of practice, patience, and so many other elements beyond technique.« Am Anfang seiner Karriere als Fotograf bat Paul die Menschen um Erlaubnis, sie zu fotografieren, ging dann aber über zu ungestellten Portraits und schließlich zu ungestellten Straßenszenen. Bis zur Pandemie war die U-Bahn für Paul eine reiche Materialquelle. Die Bilder der Serie »Subway« sind im Zug selbst, auf dem Bahnsteig sowie beim Betreten und Verlassen der U-Bahnstation entstanden. Unsere Ausstellung zeigt von der langen Wand oben links bis zur Wand zwischen den Fenstern unter rechts die Abfolge einer New Yorker U-Bahnfahrt. Das Foto »Q Train« aus dieser Serie, welches an Renaissancemalerei erinnern mag, hat weltweit zahlreiche Preise und eine geradezu unglaubliche Menge an Aufmerksamkeit und Lob gewonnen. Neben vielen anderen Auszeichnungen gewann es beim Miami Street Photography Festival den Preis als bestes Einzelfoto. Paul nennt es eine »Kombination aus Können und Glück – hauptsächlich Glück – wie bei jeder Straßenfotografie-Situation«. Über die Entstehung des Fotos sagt Paul: »Ich war den ganzen Tag auf Coney Island, dem Mekka der Straßenfotografen, und war frustriert, als ich in die U-Bahn stieg, um nach Hause zu fahren, weil mir klar wurde, dass ich keine Fotos hatte, die es wert waren, aufbewahrt zu werden. Ich betrachtete meine Mißerfolge auf der Rückseite der Kamera, als ich aufblickte und mir gegenüber diese Mutter und ihre zwei kleinen Töchter sah, gekleidet in passende Outfits und vollständig farblich aufeinander abgestimmt, einschließlich Haar und Haut. Sie schienen skandinavisch zu sein und hoben sich in der U-Bahn drastisch von anderen ab.« »Ich fotografierte sie etwa 45 Minuten lang, alle Fotos sind ungestellt. Die Kamera war auf meinem Schoß und sie haben mich nie bemerkt. Es gibt insgesamt etwa 20 Fotos und ich habe eines davon ausgewählt.« Die Dokumentarfotografin Phyllis B. Dooney schreibt über Paul Kessel: »Paul hat einen Großteil seines Berufslebens als Psychologe und Psychoanalytiker verbracht. Wenn man sich seine Straßenbilder anschaut, kann man denselben Impuls bei der Arbeit sehen – der Rahmen fängt Menschen ein, die sich durch ihre Kleidung, Gesten und Gesichtsausdrücke entblößen. Darüber hinaus offenbaren Pauls Bilder den Kameramann ebenso wie ihre Motive, jemanden, der unersättlich neugierig ist auf öffentliche Personen und auf das, was sie sowohl einzeln als auch kollektiv preisgeben.« Die Ausstellung im Gastfeld ist die erste des Künstlers in Deutschland.