Wie ArtRank sich zur meistgehassten Website in der Kunstszene entwickelte
ArtRank ist so etwas wie eine Ratingagentur für den Kunstmarkt. Seit Februar letzten Jahres sorgte die Webseite mit seinen vierteljährlich erscheinenden Künstlerrankings für reichlich Wirbel in der Kunstszene.

ArtRank - ungeliebte Künstlerrankings werden zum Spekulationswerkzeug

Carlos A. Rivera ist das offizielle Gesicht zu ArtRank. Mit seinen Partnern entwickelte er einen Index, der Künstler in die vier Kategorien "Buy Now", "Early Blue Chip", "Sell Now / Peaking" und "Liquidate" einteilt. Die Bewertung der Künstler, die in der Liste auftauchen, wurde mit Parametern wie Marktsättigung, Social-Media-Präsenz (Instagram, Facebook etc.), Market Support (Einfluss der Institutionen, Ausstellungen, Sammler etc.) und Auktionsergebnisse abgeglichen. Artinfo24 hatte das Modell bereits letztes Jahr im Februar hier vorgestellt.
- Art Ranking - wann sie Kunst kaufen, halten oder verkaufen sollten

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Hielt man den Service in der Kunstszene anfangs noch für einen Scherz, hagelte es wenig später harsche Kritik. Klar, den keine Galerie sieht seine Künstler gerne in der Spalte "Sell Now / Peaking" oder schlimmer noch "Liquidate" wieder. Ebenso dürfte es den meisten betroffenen Künstlern gehen, wie im aktuellen Ranking z.B. Christian Rosa oder David Ostrowski. Sammler wie der Berliner Christian Boros äußerten sich wenig begeistert:

"Diese Terminologie ist ekelerregend!"
"Von ganz links bis ganz rechts sind auch Künstler meiner Sammlung dabei, und jetzt sehe ich sie plötzlich in dieser Liste mit dem Etikett eines Verfallsdatums." (Quelle: der Freitag)

Realität - Kunst als Anlageklasse

Doch die Realität im Kunstmarkt sieht auch so aus, das nicht wenige Käufer Kunst als Assetklasse ansehen. Ganz nach dem Motto "Buy! Sell! Liquidate!". So ist ArtRank also nur ein Abbild der aktuellen Situation im Markt. Kauf- und Verkaufsempfehlungen für Künstler, ganz wie an der Börse. Weitere kritische Stimmen meinen, das solche Artrankings wie der von Carlos A. Rivera, das sogenannte "Artflipping" nur noch unterstütze. Beim Namen Stefan Simchowitz, läuft bereits jedem Galeristen ein kalter Schauer über den Rücken.

Doch es gibt auch Stimmen, die meinen ArtRank muss man ernst nehmen. Denn schließlich bildet solch ein Algorithmus, nur das ab, worüber im Kunstmarkt getuschelt "wird". Das Phänomen ist ja nicht neu. Andere Indizes, Services und Rankings versuchen seit Jahren Künstler nach börsenähnlichen Kriterien abzubilden. Artnet, Artfacts, Tutella oder auch der Kunstkompass sind da nur ein paar Beispiele.

Das Problem der gehypten Künstler

Doch das Problem ist noch ein Anderes, wie Kathryn Graddy, Professor für Kunstmarktwirtschaft an der Brandeis University in Massachusetts meint:

"Je mehr die zeitgenössische Kunst als Instrument für Investitionen gesehen wird, desto riskanter wird es"

Der Markt verlangt zwar nach immer mehr Kunst, sagt sie, "aber es ist eine Sache, Kunst zu fördern, eine andere, einen Markt zu organisieren, weil jeder wird die gleichen gehypten Künstler wollen."

Wie Galerien auf ArtRank und Co. reagieren

Doch wie geht man als Galerie damit um, wenn die eigenen Künstler plötzlich in solchen Rankinglisten wie ArtRank auftauchen und einen die Kunstspekulanten a'la Simchowitz die Türen einrennen. Klar man kann sich die Käufer ganz genau anschauen und versuchen zu steuern, in welche Sammlung man die Werke verkauft. Das mag bei den großen etablierten Galerien, mit ihren Netzwerken auch funktionieren. Bei kleineren Galerien, die jeden Verkauf nötig haben, wird es schwierig, sich diesen Praktiken zu erwehren. Ob es wirklich ausreicht nur zu "versuchen, die Vermittlung gut und nachhaltig zu gestalten", wie der Galerist Philipp von Rosen meint, darf bezweifelt werden. (Quelle: Die Welt)

ArtRank bietet jetzt selbst Kunstwerke zum Kauf an

Und was meint Carlos A. Rivera zur ganzen Aufregung. Dem schwebt schon das nächste große Ding im Kopf umher. Sogenannte "Dark Pools", anonyme Netzwerke, in denen dann die Kunstwerke gehandelt werden. Transparenz sieht anders aus. Seit Kurzem startete ArtRank selbst mit dem Kunstverkauf von Werken hoffnungsvoller Künstler. Auf der Website gibt es jetzt die Kategorie "#buytoday". Jeden Montag, Mittwoch und Freitag wird dort ein neues Kunstwerk zum sofortigen Kauf angeboten. Bezahlen kann man entweder mit Kreditkarte oder Bitcoins. Für Kunstspekulanten ganz hilfreich, neben dem Kaufpreis, wird auch gleich ein geschätzter Wiederverkaufswert genannt. Aktuell ist es die Arbeit "Never Again, Again" vom in Deutschland geborenen Künstler Friedrich Kunath. Kaufpreis 52.000 Dollar, bei einem "Secondary retail value" von 80.000 Dollar.

Quellen und Links:
- Kunstmarkt: Männer sind so berechenbar
- Buy! Sell! Liquidate! How ArtRank is shaking up the art market
- ArtRank - wann sie Kunst kaufen, halten oder verkaufen sollten
- Künstler im Fegefeuer
- ArtRank Website

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