Ausstellung Galerie Galerie cubus-m
Datum: 27.06.2015 - 08.08.2015
Künstler: Andrea Knobloch
Veranstalter & Ort:
Galerie Galerie cubus-m
10785 Berlin
Pohlstraße 75
Pressemitteilung
Andrea Knobloch. don’t listen to the early birds
Dr. Ursula Ströbele
Eröffnung: Freitag, 26. Juni 2015, 19 Uhr
27. Juni – 08. August 2015
cubus-m | Pohlstraße 75 | 10785 Berlin
„Aber etwas war nicht mehr richtig zwischen mir und dem Baum. Zwar erneuerte sich die Aufregung des Vortags, doch verengte sie diesmal den Blick und ließ das beiläufige, selbstlose Schauen zu einem absichtlichen, übereifrigen werden. Wohl sah ich in der kleinen Welt wieder eine größere, doch damit dies geschah, tat ich selber, über den bloßen Blick hinaus, etwas dazu; jene größere Welt ereignete sich nicht mehr so vollkommen zwanglos wie gestern [...].“ (aus: Peter Handke, Kleine Fabel der Esche von München)
Zwei – uns allen bekannte – Möglichkeiten des Sehens auf die vertrauten Gegenstände der Welt beschreibt der Protagonist in Peter Handkes Novelle, den beiläufig-unmittelbaren, die Assoziationen ausschließenden Blick und das bewusste, verstandesbetonte, gestaltende Schauen. So sieht der Erzähler am zweiten Tag „an der Stelle der rautenförmigen Wurzelmuster die langobardischen Knotenornamente“ und versucht, „das Vergleichsbild abzuschütteln.“ Vergleichbare Bilder evozieren die in der Berliner Galerie Cubus M ausgestellten Arbeiten Andrea Knoblochs. Die in Düsseldorf lebende Künstlerin zeigt eine zentrale, zweiteilige Installation: Beide lassen eine Metaphorik des Waldes anklingen, bestehend aus eigens konstruierten Modulsystemen, die, zwischen Abweichung und Wiederholung oszillierend, Raum besetzen und gliedern. don’t listen to the early birds setzt sich zusammen aus mehreren an Vogelkäfige erinnernden Drahtgebilden, die es zu durchwandern gilt. Aus ihnen tönen mechanisch erzeugte Vogellaute. Der Titel rekurriert auf einem Erlebnis der Künstlerin in China, wo Straßenverkäufer die akustische Anpreisung ihrer Waren von Tonbandgeräten abspielten. Bei Unkenntnis der Sprache vermengen sich diese wiederkehrenden Geräusche zu einer melodiösen, abstrakten Klangfolge – gleich einem Vogelgesang.
Ausgehend von vertrauten, uns im Alltag vielfach begegnenden, latent ubiquitären Grundformen, wie u.a. Rhombus, Quadrat, Kreis, Dreieck und Sechseck knotet Andrea Knobloch ihren Wald aus zartgliedrigen Raumskulpturen. Für sie ist es eine Referenz an Architekturkonzepte des frühen 20. Jahrhunderts mit der Problematik, bei gleichzeitiger Standardisierung akzeptablen, gesunden Wohnraum für viele Menschen zu schaffen. Das Raster, englisch Grid, Paradigma der Moderne, spiegelt sich auch in der Reliefwand ihres Wirtschaftswaldes wider: aufgefaltete, bedruckte Produktverpackungen aus weißer Wellpappe, als aufgestülpte, plastisch in den Raum ragende Bilderwand bzw. Wand-verkleidung, die das wiederholt auftretende Motiv einer abblätternden Hausfassade zeigt. Spuren von Verwitterung bei der Rückeroberung kultivierter Räume durch die Natur? Die Steigerung der Wirtschaftlichkeit eines Waldes heute über rasterartig angelegte Baumplantagen?
Charakteristisch für die Herangehensweise Andrea Knoblochs ist das Hin- und Herschweifen ihres Blicks, der Wechsel zwischen Erkenntnisprozess und physischem Akt im Umgang mit dem „handwerklich“ verarbeiteten Material einschließlich seiner spezifischen Eigenschaften, d.h. ihrem Auge fürs Detail und für den uns umgebenden gesellschaftspolitischen Kontext, den sie innerhalb ihrer künstlerischen Sprache Gestalt werden lässt.
Andrea Knobloch (*1961) studierte Freie Kunst und Bildhauerei an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg und an der Kunstakademie Düsseldorf, wo sie 1992 ihren Abschluss als Meisterschülerin bei David Rabinowitch machte. Mit ihren Arbeiten und Projekten ist sie seither national und international in zahlreichen Ausstellungen vertreten, so bereits im Museum Kunstpalast, Düsseldorf, dem Neuen Gießener Kunstverein, dem Kunstmuseum Mülheim an der Ruhr, dem Organhaus Art Space Chongqing, China, und dem Festival der Regionen in Linz, Österreich. Die Künstlerin erhielt bereits mehrere Preise und Stipendien, unter anderen der Stiftung Kunstfonds, Bonn (1997), der Kunststiftung NRW (2002) und der Akademie einer anderen Stadt – Kunstpalttform der Internationalen Bauausstellung IBA Hamburg (2011, als Künstlerin und Kuratorin gemeinsam mit Ute Vorkoeper). Andrea Knobloch lebt und arbeitet als Künstlerin, Kuratorin und Dozentin in Düsseldorf.
Special dinner bei der Eröffnung
performt von Barkin’Kitchen und cubus-m
im Rahmen der berlin food art week 2015
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