100 Jahre Art Deco: Ein Jahrhundert stilistischer Eleganz
Die Weltausstellung von 1925 als Ausgangspunkt für den internationalen Durchbruch des Art Deco.

Art Deco - Entstehung & Aufbruch

Im Frühjahr 1925 präsentierte sich die "Exposition internationale des arts décoratifs et industriels modernes" in Paris als Schaufenster einer neuen gestalterischen Bewegung. In einer Zeit des gesellschaftlichen und technologischen Umbruchs markierte sie den internationalen Durchbruch des Art Deco.

Anzeige

Weltausstellung Paris von 1925 als Ausgangspunkt

Die Ausstellung stand für Optimismus, Fortschritt und die Synthese von Kunst und Industrie. In Frankreich und Belgien bildete sich bereits die Designepoche schon ab den 1910er Jahre als "Style Moderne". Doch erst 1925 zur genannten Ausstellung in Paris mit Möbeldesignern wie Jacques Adnet, Jacques-Emile Ruhlmann, und Entwerfern wie Josef Hoffmann und Eliel Saarinen, den Glaskünstlern René Lalique und Émile Gallé startete der Hype um das Art Deco.

Die Entstehung des Art Deco

Art Deco entwickelte sich nach dem Ersten Weltkrieg als Reaktion auf die dekorative Opulenz des Jugendstils und die aufkommende industrielle Moderne. Geprägt von einer Hinwendung zu Ordnung, Funktionalität und gleichzeitig luxuriösen Materialien, verband der Stil traditionelle Handwerkskunst mit zeitgenössischer Formensprache. Die Ausstellung von 1925 in Paris prägte den Begriff und markierte den Beginn der internationalen Verbreitung.

Charakteristische Merkmale des Art Deco

Art Deco zeichnet sich durch geometrische Formen, Symmetrie und klare Linienführung aus. Chrom, Glas, Elfenbein und Lack wurden bevorzugt eingesetzt. Die Farbpalette war kontrastreich und intensiv, mit dominierenden Tönen wie Gold, Schwarz und Edelsteinfarben. Inspiration fand der Stil in der Antike, Ägyptologie, fernöstlicher Kunst sowie in afrikanischen Formen und der zeitgenössischen Technik.

Art Deco Architektur

Beispiele wie das Chrysler Building (1930, William Van Alen) und das Empire State Building (1931, Shreve, Lamb & Harmon) stehen für den Höhepunkt des Art Deco in der Architektur. Beide Gebäude repräsentieren eine vertikale Monumentalität und technische Raffinesse. In Europa zeigt sich die Bewegung etwa im Palais de la Porte Dorée in Paris (1931, Albert Laprade), das durch reliefartige Fassadengestaltung besticht.

Führende Architekten: William Van Alen, Raymond Hood, Albert Laprade

Art Deco Design, Inneneinrichtung und Möbel

Im Interieurdesign manifestierte sich Art Deco in einem Zusammenspiel aus kostbaren Materialien, funktionalen Formen und dekorativer Eleganz. Charakteristisch waren hochwertige Hölzer wie Palisander und Makassar, kombiniert mit Einlagen aus Elfenbein, Perlmutt oder Lack. Die Möbelstücke wirkten oft wie Skulpturen – klar gegliedert, häufig symmetrisch aufgebaut, mit polierten Oberflächen und subtilen Ornamenten.

Die französischen Designer Émile-Jacques Ruhlmann und Jean-Michel Frank prägten diesen Stil maßgeblich. Ruhlmann verstand es, Möbel von höchster handwerklicher Qualität mit einem Hauch aristokratischer Noblesse zu vereinen. Frank hingegen setzte auf reduzierte Formen und edle Zurückhaltung – seine mit Galuchat (Haifischhaut) oder Pergament bezogenen Möbelstücke wirken bis heute modern.

Eileen Gray, die zwischen Paris und der Côte d’Azur wirkte, entwickelte ikonische Möbel mit funktionalem Anspruch, die gleichzeitig eine avantgardistische Formensprache aufwiesen. Ihre Werke kombinierten industrielle Materialien wie verchromtes Metall mit minimalistischem Design – eine radikale Abkehr von historistischen Formen.

Ein eindrucksvolles Beispiel für den Gesamtkunstanspruch des Art Deco ist die luxuriöse Ausstattung des französischen Ozeandampfers "Normandie" (1935). In den Salons, Kabinen und öffentlichen Räumen wurden Möbel, Textilien, Lichtdesign und Wandreliefs von namhaften Künstlern und Handwerkern aufeinander abgestimmt – ein schwimmender Palast im Zeichen des Art Deco.

Beispielhafte Art-Déco-Designobjekte und Möbel

"Chaise longue E1027" von Eileen Gray
Entworfen 1927 für die Villa E-1027, ist diese verstellbare Liege ein Inbegriff von Funktionalität und Eleganz. Edelstahl, Glas und Leder vereinen sich zu einem ikonischen Objekt des Art Deco und der Moderne.

"Secrétaire en pente" von Émile-Jacques Ruhlmann
Ein luxuriöser Schreibsekretär mit Ebenholz, Elfenbeinintarsien und geschwungener Front. Ruhlmanns Handschrift zeigt sich in der perfekten Verarbeitung und edlen Materialwahl.

"Fauteuil Transat" von Eileen Gray
Ein Sessel, inspiriert von Liegestühlen auf Passagierschiffen. Die klare Linienführung und das minimalistische Design stehen im Kontrast zur hohen Detailverliebtheit.

"Skyscraper Cabinet" von Paul T. Frankl
Dieses aus den USA stammende Möbelstück spielt mit der vertikalen Silhouette von Wolkenkratzern. Frankl adaptierte architektonische Elemente in die Innenausstattung.

"Clock" von Gilbert Rohde (Herman Miller)
Diese Tischuhr aus Bakelit und Metall kombiniert Technikbezug mit geometrischem Minimalismus. Sie steht für die funktionale Eleganz amerikanischen Art-Deco-Designs.

Art Deco Grafikdesign und Typografie

Das Grafikdesign jener Zeit war durch Plakate, Werbeanzeigen und Zeitschriftenlayouts geprägt. Arbeiten von A.M. Cassandre, etwa für die "Normandie" oder Dubonnet, setzen auf stilisierte Formen, Rasterung und typografische Klarheit. Auch Jean Carlu und Paul Colin trugen mit ihren Entwürfen zur Verbreitung des Art-Déco-Stils in der Werbung bei.

Führende Grafiker: A.M. Cassandre, Jean Carlu, Paul Colin

Art Deco Kunst

In der bildenden Kunst wurde Art Deco durch Malerei, Illustration und dekorative Kunst ausgedrückt. Tamara de Lempicka kombinierte klassische Komposition mit moderner Farbgebung. Erté prägte mit seinen Modeillustrationen die visuelle Kultur der 1920er- und 1930er-Jahre. Jean Dupas gestaltete großformatige Wandbilder für Schiffe und öffentliche Gebäude.

Wichtige Künstler*innen: Tamara de Lempicka, Erté (Romain de Tirtoff), Jean Dupas

Der Stilwandel nach 1940

Nach dem Zweiten Weltkrieg verlor Art Deco an Bedeutung. Die Nachkriegsmoderne, insbesondere das Mid-Century Modern, setzte auf Zurückhaltung und Funktion. In den 1960er- und 1980er-Jahren kam es zu einer Wiederentdeckung des Art Deco, sichtbar in Architektur, Mode und Popkultur. Heute erlebt der Stil eine erneute Wertschätzung in zeitgenössischem Design, Innenarchitektur und Medien.

Anhaltende Relevanz eines Klassikers

Art Deco fasziniert durch die Verbindung von Funktion, Luxus und ästhetischer Klarheit. Der Stil vereint technischen Fortschritt mit dekorativer Eleganz. Auch ein Jahrhundert nach seiner Blütezeit ist Art Deco in Architektur, Design und Kultur präsent. Es bleibt ein Symbol für eine Zeit des Aufbruchs und für das Ideal, dass Ästhetik und Fortschritt miteinander vereinbar sind.

Foto: Bild von ChiaJo, Pixabay

Art Deco News zum Thema: