Ausstellung Galerie Persons Projects
Datum: 01.11.2025 - 24.01.2026
Künstler: Zofia Kulik
Veranstalter & Ort:
Galerie Persons Projects
10969 Berlin
Lindenstraße 35
Eröffnung: 31. Okt, 18 bis 20 Uhr
Persons Projects freut sich, die Einzelausstellung Written in Her Own Hand von Zofia Kulik zu präsentieren, die die verschiedenen Phasen ihrer künstlerischen Emanzipation und die Entdeckung ihrer Stimme als unabhängige Künstlerin umfasst. Sie dient auch als erste Plattform zur Vorstellung ihres ersten monografischen Buches von Thames & Hudson, welches alle Aspekte von Kuliks unglaublichem Gesamtwerk erkundet.
Die Ausstellung beginnt mit ihren bemerkenswertesten Abschlussarbeiten (1968–1971) und setzt sich fort mit ihrem Übergang zum Künstlerduo KwieKulik (1971–1987), dass sie gemeinsam mit ihrem Partner Przemysław Kwiek gründete – und endet mit einem großformatigen Schwarz-Weiß-Selbstporträt, das sie als Königin darstellt. Zusammen vermitteln diese ausgewählten Werke ein tieferes Verständnis dafür, wie sich Kuliks individuelle Karriere zu dem entwickelt hat, was sie heute ist.
Ein zentraler Bestandteil von Kuliks Abschlussarbeit an der Warschauer Akademie der Bildenden Künste war eine dreiteilige Diaprojektion mit dem Titel Instead of Sculpture, die aus rund 500 Fotografien bestand (heute Teil der Tate Modern Sammlung). Für Kulik ist Skulptur ein Prozess, der sich über einen bestimmten Zeitraum hinweg entfaltet, ohne definierten Anfang oder Ende und ohne festgelegte Handlung. Sie untersuchte die Dynamik zwischen Skulptur und Betrachter und analysierte, wie Wahrnehmung Teil der skulpturalen Erfahrung wird.
Sowohl Kulik als auch Kwiek studierten bei dem einflussreichen Architekten, Künstler und Theoretiker Oskar Hansen, der das Konzept der „Offenen Form” entwickelte – eine Theorie, die sich für unvollendete oder unvollständige räumliche Formen einsetzt und somit kreative Beteiligung des Betrachters fördert. Unmittelbar nach ihrem Abschluss beschäftigten sich die beiden zunehmend mit Kybernetik und Spieltheorie. Eine ihrer Arbeiten, Game on an Actress’s Face, präsentiert eine Reihe von Nahaufnahmen der Schauspielerin Ewa Lemańska und bezieht sich auf Prinzipien der Spieltheorie, bei denen Handlungen und Entscheidungen im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf mehrere Akteure in komplexen, voneinander abhängigen Systemen analysiert werden.
Sie transformierten ihr zu Hause in einen hybriden Raum – teils Studio, teils Galerie – und nannten es das Studio für Aktivitäten, Dokumentation und Propagation, (PDDiU). KwieKulik lehnte den traditionellen objektbasierten Kunstkanon ab und wandte sich stattdessen vergänglichen „Aktivitäten” zu, die den kreativen Prozess offenlegten und eine Vielzahl künstlerischer Zusammenhänge untersuchten (Activities for the Head, 1978, und Activities for Clay Head, 1981). Innerhalb des Duos spielte Kulik oft die Rolle der stillen „bedeutenden anderen Person”. 1978 machte sie eine stille, aber kraftvolle Solo-Geste mit dem Titel Zofia Kuliks Bitte um Vergebung.
Später erklärte sie: „Zum ersten Mal habe ich versucht, etwas ohne Kwiek zu machen. Das Duo erstickte mich – weil wir in all diesen Wiederholungen immer dieselben Dinge sagten und taten. Was sollte mir das Publikum verzeihen? Ich wusste es nicht genau. Wahrscheinlich war ich nicht wirklich präsent, auch wenn es so aussah. Ich war nichts weiter als Teil eines dimorphen Hybrids, in dem meine Rolle unklar war. Ich war dieser Stummheit in mir selbst leid. Ich näherte mich mehrmals dem Publikum, nur um auf die Knie zu fallen. Ich fühlte mich völlig gedemütigt – aber ich hatte darum gebeten. Ich brauchte eine solche Situation, und ich bekam sie.“
Kuliks Trennung von Kwiek im Jahr 1987 ging der Trennung eines weiteren renommierten osteuropäischen Duos – Marina Abramović und Ulay –nur ein Jahr voraus. Ähnlich wie Abramovic begann Kulik, ein neues Kapitel in ihrem Leben als eigenständige Künstlerin aufzuschlagen. Dies bereitete den Boden für Kuliks eigene künstlerische Transformation und ihren revolutionären Ansatz für das Konzept des Archivbaus. Ihre neuen Arbeiten, bei denen sie einen akribischen Dunkelkammerprozess mit Mehrfachbelichtungen von Negativen auf Fotopapier entwickelte, spiegelten ihr ausgeprägtes Gespür für Kontrolle, Ordnung und Präzision wider.
Ihr erstes manifestiertes Werk, Come with Me Through the Valley of Tears – after Artur Grottger, 1988, zeigte Zbigniew Libera als ihre Muse. In weiterer Zusammenarbeit mit ihm entwickelte sie das Archiv der Gesten, das zu einer wiederkehrenden Quelle visueller Motive und Ornamente in ihrer Praxis wurde. Von Anfang an war die Dokumentation für Kuliks Arbeit von wesentlicher Bedeutung. Sie hält ihren kreativen Prozess sowie das Geschehen um sie herum akribisch in Notizbüchern fest und unterhält ein umfangreiches Fotoarchiv, welches sie in ihre fotografischen Arbeiten einfließen lässt.
Kunsthistorikerin Angela Dimitrakaki schreibt: „Kuliks Zeitrahmen ist sowohl durch große historische Ereignisse (in Polen) als auch durch ihre Biografie als Künstlerin geprägt – in diesem Fall als „weibliche Künstlerin“, eine instabile, zugleich provokative politische Kategorie in feministischen Imaginationen seit den turbulenten 1960er-Jahren.“ Ihre ikonischen großformatigen Selbstporträts, auf denen sie als Königin erscheint, sind eindrucksvolle Bekräftigungen ihres Erwachens sowohl als Frau als auch als Künstlerin, die ihre eigene Stimme erhebt.
Zofia Kuliks Arbeit wurde einem breiteren Publikum während der documenta 12 (2007) in Kassel und auf der 47. Biennale di Venezia (1997) vorgestellt. Sie hatte zahlreiche Einzelausstellungen, unter anderem in den Glasgow Sculpture Studios (2016), im Badischen Kunstverein (2016) und bei Les Rencontres d’Arles (2023). Ihre Arbeiten sind Teil renommierter internationaler Institutionen wie der Tate Modern, dem MoMA NY, dem Centre Pompidou und vielen anderen sowie zahlreicher bedeutender Privatsammlungen.
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