Siegelring Comeback - warum diese Ringe wieder so beliebt ist
Der Siegelring ist zurück: Warum das historische Schmuckstück heute Symbol für Identität, Stil und Selbstbestimmung ist – plus Interview mit Münchner Experten und die teuersten Siegelringe der Welt.

Handwerkskunst - Siegelring anfertigen lassen

Er galt als Symbol vergangener Macht, als Erbstück vergangener Epochen. Heute glänzt er wieder – an Händen, die sich selbst gehören. Der Siegelring feierte in den letzten Jahren ein fulminantes Comeback. Und er steht nicht mehr für Herkunft. Er steht für Haltung & Statement, wie uns der Juwelier Rudolf Bleiholder im Interview verriet.

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Warum der Siegelring zurück ist – und was er über unsere Zeit verrät

Er war der Ring der Könige, der Päpste, der Familienoberhäupter. Ein Werkzeug, mit dem Entscheidungen besiegelt und Grenzen gezogen wurden. Dann verschwand er – zu schwer, zu symbolisch, zu sehr Vergangenheit. Jetzt ist er wieder da. Sichtbar auf Laufstegen, in Kampagnen, an den Händen von Schauspielern, Architektinnen, Musikern.

Die Nachfrage nach Signet-Ringen soll in den letzten Jahren um 170 Prozent gestiegen sein (Welt). Ein Schmuckstück aus einer anderen Zeit wird plötzlich wieder relevant. Warum?

Siegelringe - Von Macht zu Bedeutung

beliebte Siegelringe
Siegelringe werden immer beliebter, Foto: Juwelier Bleiholder München

Früher markierte der Siegelring Herkunft und Rang. Heute markiert er Identität. Er steht für das Bedürfnis nach Beständigkeit in einer flüchtigen Welt. Ein massives Stück Metall, das sagt: Ich bleibe.

Zeitgenössische Designer:innen entwerfen moderne Interpretationen mit flachen Flächen, klaren Linien und minimalistische Gravuren. Weniger Wappen, keine Erbfolge – sondern Zeichen für das eigene Leben. Manche tragen Symbole, andere Worte. Viele tragen nichts – nur die Form, die schon für sich spricht.

teuerste Siegelringe in der Auktions-Historie

Auch im Hochpreissegment schreibt der Siegelring Geschichte. Im Juni 2025 kam bei Sotheby’s ein außergewöhnliches Stück unter den Hammer: ein goldener, mit Diamanten besetzter Siegelring, der mit einem großen „N“ signiert war. Das „N“ steht für kein geringeren als Napoleon Bonaparte. Der Zuschlag erfolgte bei 152.400 Euro – ein Preis, der weniger die Edelmetalle, sondern vor allem die historische Aura bezahlte.

Noch spektakulärer war der Verkauf eines kaiserlichen Siegels aus dem 18. Jahrhundert: Das persönliche Siegel des chinesischen Kaisers Qianlong, Herrscher der Qing-Dynastie, wurde am 14. Dezember 2016 in Paris für 22 Millionen US-Dollar (rund 21 Millionen Euro) versteigert.

Qianlong, der zwischen 1735 und 1796 regierte, besaß über 1.800 Siegel – jedes einzelne Symbol imperialer Macht.

Diese Rekorde zeigen: Siegelringe und Siegel sind mehr als Schmuckstücke – sie sind Träger von Geschichte, Politik und Persönlichkeit. Wenn sie den Besitzer wechseln, verändert sich nicht nur ihr Marktwert, sondern auch ihre Bedeutung.

Von der Hierarchie zur Haltung

Siegelringe für Frauen
Siegelringe für Frauen, Foto: Juwelier Bleiholder München

Der Siegelring ist nicht länger elitär. Er ist demokratisch geworden – ein Unisex-Statement für Menschen, die wissen, wer sie sind. Er war einmal das Privileg der Wenigen. Heute ist er ein Symbol der Eigenständigkeit. Zunehmend greifen auch Frauen zu – selbstbewusst, kompromisslos, stilistisch souverän. Der Ring hat sein Geschlecht verloren. Er steht für Selbstdefinition statt Zugehörigkeit.

Kalte Fläche, warme Botschaft

Siegelring Herstellung
Siegelring Herstellung im Goldschmied Atelier, Foto: Juwelier Bleiholder München

Ein Siegelring fühlt sich anders an als andere Schmuckstücke. Er liegt schwer auf der Haut. Er erinnert an Gewicht, Verantwortung, Geschichte. Das ist kein Zufall – das ist sein Reiz. Gold, Silber, Stahl, Emaille: Präsenz und Material sind entscheidend.

Warum gerade jetzt

Wir leben in einer Zeit, in der alles austauschbar scheint – Trends, Identitäten, Wahrheiten. Ein Siegelring widersetzt sich dieser Flüchtigkeit. Er trägt Spuren. Er altert. Er wird persönlicher mit der Zeit. Er ist das Gegenteil von Wegwerfmode.

Vielleicht ist genau das sein Erfolgsgeheimnis: Er gibt Gewicht zurück in eine Welt, die zu leicht geworden ist.

Siegelringe München
Siegelringe vom Spezialisten in München, Foto: Juwelier Bleiholder München

Interview mit dem Münchner Juwelier Rudolf Bleiholder

Herr Bleiholder, Sie entwerfen und fertigen seit Jahren Siegelringe. Was fasziniert Sie an diesem Schmuckstück mehr – seine Geschichte oder seine Symbolkraft?

Mich fasziniert beides – Geschichte und Symbolkraft –, aber auf eine sehr menschliche Weise. Ein Siegelring ist für mich weit mehr als ein Schmuckstück. Er trägt Erinnerungen, Zugehörigkeit und oft auch ein Stück Seele in sich. Wenn ich an der Werkbank sitze und ein neues Stück forme, spüre ich diese Verbindung zu den Menschen, die vor Jahrhunderten mit ähnlicher Hingabe gearbeitet haben. Jeder Schlag, jede Gravur erzählt etwas – über den Träger, über seine Familie, über seine Werte.

Mich berührt der Gedanke, dass ein Siegelring Generationen überdauern kann, dass er weitergegeben wird und dabei Geschichten sammelt. Es ist dieser Moment, wenn jemand den Ring das erste Mal ansteckt und spürt: Das bin ich. – Das ist das, was mich antreibt.

Wie erleben Sie als traditioneller Goldschmied und Juwelier das Comeback des Siegelrings und wie erklären Sich sich dieses?

Ich empfinde dieses Comeback als etwas sehr Schönes – fast wie eine Rückkehr zu Werten, die eine Zeit lang vergessen schienen. Viele Menschen sehnen sich heute nach Dingen, die Bestand haben, nach etwas Echtem in einer schnelllebigen, digitalen Welt. Der Siegelring verkörpert genau das: Beständigkeit, Identität und Handwerk.

Für mich als Goldschmied ist es berührend zu sehen, wie junge Menschen wieder mit Begeisterung zu diesem klassischen Schmuckstück greifen – nicht aus Tradition um der Tradition willen, sondern weil sie darin eine Form von Authentizität entdecken. Sie wollen etwas tragen, das Bedeutung hat, das nicht beliebig ist. Ich glaube, das Comeback des Siegelrings hat damit zu tun, dass wir wieder lernen, uns mit unseren Wurzeln auseinanderzusetzen – mit Herkunft, Familie, Symbolik. Und genau dort liegt die große Kraft dieses Rings: Er verbindet Vergangenheit und Gegenwart in einem einzigen, persönlichen Zeichen

Früher war der Siegelring ein Zeichen der Herkunft. Heute scheint er Ausdruck von Individualität zu sein. Wie hat sich die Bedeutung für Ihre Kundschaft verändert?

Das stimmt – früher war der Siegelring vor allem ein Zeichen der Herkunft. Er stand für Familie, Stand und Abstammung. Heute hat sich das gewandelt: Der Siegelring ist persönlicher geworden, intimer. Meine Kundinnen und Kunden suchen kein Wappen mehr, das eine Familie repräsentiert, sondern ein Symbol, das sie selbst beschreibt – ihre Werte, ihre Geschichte, ihre Haltung.

Diese Entwicklung finde ich wunderschön. Sie zeigt, dass der Siegelring nichts von seiner Bedeutung verloren hat, sondern im Gegenteil an Tiefe gewonnen hat. Ein Ring mit Gravur, Initialen oder einem selbst entworfenen Zeichen wird zum individuellen Statement – ein Bekenntnis zu sich selbst. Ich sehe darin eine neue Form von Identität: nicht die, die man erbt, sondern die, die man selbst gestaltet. Und genau das macht jeden dieser Ringe so besonders – er erzählt nicht mehr nur woher jemand kommt, sondern auch wer jemand ist.

Viele junge Kundinnen und Kunden entdecken den Siegelring neu – ohne familiäre Wappen oder Tradition. Wie reagieren Sie darauf als klassischer Juwelier?

Ich empfinde das als große Bereicherung. Natürlich komme ich aus einer Tradition, in der Siegelringe oft Familienwappen oder alte Symbole trugen – aber das Entscheidende war für mich nie das Wappen selbst, sondern die Bedeutung dahinter. Wenn junge Menschen heute ohne familiären Hintergrund einen Siegelring tragen möchten, dann tun sie das aus einem sehr ehrlichen Impuls heraus: Sie möchten etwas schaffen, das ihnen gehört, das ihre Geschichte erzählt.

Ich begleite diesen Prozess mit Freude. Es ist spannend zu sehen, welche Ideen, Zeichen oder Formen entstehen, wenn man frei von alten Regeln denkt. Manche entwerfen eigene Symbole, andere greifen auf Naturmotive, geometrische Formen oder sogar persönliche Schriftzüge zurück. Für mich ist das kein Bruch mit der Tradition, sondern ihre Weiterentwicklung. Die Seele des Siegelrings bleibt dieselbe – nur die Sprache, in der sie sich ausdrückt, hat sich verändert.

Gibt es Motive, Gravuren oder Symbole, die besonders gefragt sind? Und was verraten sie über die Menschen, die sie tragen?

Ja, bestimmte Motive kehren immer wieder – aber was mich fasziniert, ist, dass jedes Symbol für jeden Menschen etwas anderes bedeutet. Tiere, Sternzeichen oder Städtesymbole, sind beliebt, weil sie Identität und Gefühl miteinander verbinden. Ein Löwe steht zum Beispiel nicht nur für Stärke, sondern oft auch für Mut in einer Lebensphase. Ein Vogel kann Freiheit bedeuten – oder den Wunsch, loszulassen.

In den letzten Jahren beobachte ich aber auch viele sehr persönlichen Ansätze: abstrakte Zeichen, Koordinaten eines besonderen Ortes, Symbole, die nur der Träger selbst versteht. Manche wählen sogar Handschriften oder einen Fingerabdruck. Diese Individualität verrät viel über unsere Zeit: Die Menschen wollen nichts Repräsentatives mehr, sondern etwas Echtes. Der Siegelring ist kein Statussymbol mehr, sondern ein Spiegel der eigenen Geschichte. Jedes Motiv, das ich gravieren darf, erzählt eine kleine Welt – und das macht meine Arbeit so lebendig.

Sie arbeiten in München – einer Stadt mit starkem Traditionsbewusstsein, aber auch einer modernen, kreativen Szene. Wie prägt das Ihren Stil und Ihre Kundschaft?

München ist in dieser Hinsicht ein ganz besonderer Ort. Die Stadt hat ein starkes Traditionsbewusstsein – hier wird Wert auf Herkunft, Qualität und Handwerk gelegt. Gleichzeitig ist sie unglaublich lebendig, kreativ und offen für Neues. Diese Mischung spüre ich jeden Tag in meiner Arbeit. Viele meiner Kundinnen und Kunden schätzen das Klassische, das Handgemachte, das Bleibende – aber sie wollen es auf ihre eigene Weise interpretieren. München inspiriert mich dazu, genau diese Balance zu suchen: die Verbindung von handwerklicher Präzision mit einer modernen, persönlichen Formensprache.

Immer mehr meiner Aufträge kommen nicht nur aus München, sondern aus ganz Süddeutschland, aus Österreich und der Schweiz – und zunehmend auch aus Städten wie Berlin oder Hamburg. Das berührt mich sehr, weil es zeigt, dass das, was ich mache, Menschen über regionale Grenzen hinweg anspricht. Offenbar suchen viele – egal wo sie leben – nach etwas Echtem, Persönlichem, Handgefertigtem. Ich liebe es, wenn Tradition nicht starr wirkt, sondern atmet. Vielleicht ist das typisch für München – dieser Sinn für Stil und Geschichte, gepaart mit der Lust, etwas Eigenes daraus zu machen. Diese Haltung prägt auch meinen Stil: respektvoll gegenüber dem Alten, aber immer offen für das Neue.

Wenn Sie einem jungen Menschen einen Rat geben sollten, der seinen ersten Siegelring tragen möchte – was würden Sie ihm sagen?

Ich würde sagen: Wähle einen Ring, der wirklich zu dir gehört. Nicht, weil er gerade im Trend liegt, sondern weil er etwas ausdrückt, das dir wichtig ist. Ein Siegelring ist kein Accessoire – er ist ein Begleiter. Er wird mit der Zeit Spuren tragen, kleine Kratzer, vielleicht auch Geschichten – und genau das macht ihn lebendig.

Man sollte sich die Zeit nehmen, herauszufinden, welches Symbol, welche Form oder Gravur sich richtig anfühlt. Oft spürt man intuitiv, was es sein soll. Und dann entsteht etwas, das bleibt – nicht nur als Schmuckstück, sondern als Teil der eigenen Geschichte. Ein Siegelring ist kein Zeichen von Herkunft mehr, sondern von Haltung. Und diese Haltung darf ganz individuell sein.

Kontakt: Juwelier Bleiholder, Sebastiansplatz 10, 80331 München

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