Haus Rabe in Zwenkau – Bauhausarchitektur mit bewegter Geschichte
Das Haus Rabe in Zwenkau: Bauhaus-Architektur, jüdische Familiengeschichte und Restaurierung. Ein einzigartiges Denkmal der Moderne.

Bauhaus in Sachsen

Zwischen klaren Linien und kräftigen Farben verbirgt sich eine Geschichte voller Mut, Kunst und Widerstand: Das Haus Rabe in Zwenkau, südlich von Leipzig, ist nicht nur ein Meisterwerk der klassischen Moderne im Bauhaus-Stil, sondern auch ein stilles Zeugnis einer außergewöhnlichen Familiengeschichte. Der Architekt - Adolf Rading

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Wer das Haus heute besucht, betritt ein original erhaltenes Bauhaus-Ensemble – und zugleich einen Ort, der viel über die Kraft der Moderne in schwierigen Zeiten erzählt.

Haus Rabe in Zwenkau
Foto: Haus Rabe in Zwenkau, entworfen von Adolf Rading, Artinfo24

Haus der klassischen Moderne - ein visionäres Projekt

Als Erna und Erich Rabe 1929 den Architekten Adolf Rading beauftragten, ein modernes Arbeits- und Wohnhaus für sie zu entwerfen, war das in vielerlei Hinsicht ein Wagnis. Erna Rabe war Jüdin, und schon Ende der 1920er-Jahre stießen jüdische Familien in Deutschland auf zunehmende gesellschaftliche und bürokratische Hürden.

Die Stadt Zwenkau stand dem avantgardistischen Entwurf skeptisch gegenüber – zu modern, zu „anders“, zu "undeutsch", zu gewagt für die Zeit. Offiziell wurde die Baugenehmigung zunächst verweigert. Doch die Rabes gaben nicht auf. Mit einem geschickten Trick ließ das Bauvorhaben dennoch umsetzen. Unter anderem, weil die moderne Straßenfassade überwiegend von Bäumen verdeckt werden sollte. So konnte das Haus entgegen aller Widerstände entstehen – ein Symbol für Mut, Gestaltungswillen und die Kraft der Überzeugung.

Haus Rabe in Zwenkau
Foto: zentraler Wohnraum mit Tisch und Lampe im Haus Rabe, entworfen von Adolf Rading, Artinfo24

Adolf Rading - Architektur als Ausdruck der Moderne

Der Architekt Adolf Rading war Mitglied des Deutschen Werkbunds und führte ab 1926 mit Hans Scharoun in Berlin ein gemeinsames Büro. Der Entwurf von Rading, folgt den Prinzipien der Neuen Sachlichkeit:
klare Linien, Flachdach, offene Räume, große Fensterflächen und ein funktionales Raumkonzept.

Oskar Schlemmer Figur Haus Rabe
Foto: Wand- und Kunstinstallation von Oskar Schlemmer im Haus Rabe, Artinfo24

Im Inneren arbeitete Rading eng mit dem Künstler Oskar Schlemmer zusammen, der für das Farbkonzept und die Innengestaltung verantwortlich war. Die Räume sind bis heute nach einem genauen Farb- und Lichtplan gestaltet: warme und kühle Töne wechseln sich ab, geometrische Formen gliedern den Raum. Jedes Detail – von der Türklinke bis zur Wandgestaltung – folgt der Idee, dass Kunst und Alltag untrennbar verbunden sind.

Oskar Schlemmer Installation Haus Rabe
Foto: Wand- und Kunstinstallation von Oskar Schlemmer im Haus Rabe, Artinfo24

Bauhaus Design & Stahlrohrmöbel

Von der Originaleinrichtung des Rabe-Hauses im klassischen Bauhaus Design ist leider kaum etwas geblieben. Und dennoch konnte man anhand alter Fotos, Erinnerungen und Unterlagen einiges rekonstruieren. Im Eingangsbereich empfängt einen die DMB 26 Lampe, entworfen von Marianne Brandt (1893–1983). Erhalten sind aber z.B. noch der runde Esstisch im großen Raum des 1.Stocks, den Rading selbst entworfen hatte. Darüber schwebt eine kreisrunde Lampe mit zwei Lichtebenen, ebenfalls ein ein Rading-Entwurf. In der Kaminecke findet der Besucher die klassischen Stahrohrmöbel.

Marianne Brandt Lampe Haus Rabe
Foto: DMB 26 Lampe, entworfen von Marianne Brandt, Artinfo24

Stahlrohrmöbel Haus Rabe
Foto: Stahlrohrmöbel Haus Rabe, Artinfo24

Einbauschrank Haus Rabe
Foto: Einbauschrank Haus Rabe - nutzbar von zwei Seiten, Artinfo24

Die Geschichte der Familie Rabe

Das Haus war nicht nur ein architektonisches Experiment, sondern auch das Zuhause einer bemerkenswerten Familie. Erich Rabe, ein wohlhabender Textilkaufmann, und seine Frau Erna lebten hier mit ihrer Tochter in einem Umfeld, das zunehmend von politischen Spannungen geprägt war.

Mit dem Aufstieg der Nationalsozialisten verschlechterte sich die Lage dramatisch. Aufgrund von Ernas jüdischer Herkunft geriet die Familie zunehmend unter Druck. Als Jüdin wurde Erna Rabe kurz vor Ende des Krieges, am 13. Februar 1945 mit dem letzten großen Transport ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Sie überlebte und kehrte nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges nach Zwenkau zurück.

Das Gebäude überstand den Krieg weitgehend unbeschadet, doch die Geschichte der Familie Rabe blieb untrennbar mit dem Ort verbunden: ein Bauhaus-Traum, den die politischen Realitäten zerstörten. Das Ehepaar Rabe praktizierte und bewohnte bis 1965 das Haus. Anschließend übernahm ihre Tochter Gabriele Schwarzer die Arztpraxis.

Vom Verfall zur Wiedergeburt – die Sanierung durch Horst Schmitter

1994 erwarb der Mäzen Horst Schmitter das Haus und ließ es aufwendig sanieren. Er erkannte den historischen und künstlerischen Wert des Gebäudes und ließ es in enger Abstimmung mit Denkmalpflegern möglichst originalgetreu restaurieren.

Das Haus Rabe erstrahlt heute wieder in seiner Bauhaus-Schönheit – ein Glücksfall für die Architektur- und Bauhausgeschichte Sachsens.

Stahlrohrmöbel Haus Rabe
Foto: Stahlrohrmöbel, vermutlich Desta - Haus Rabe in Zwenkau, Artinfo24

Stahlrohrmöbel Haus Rabe
Foto: Blick auf den großen Eßtisch und der beeindruckenden Lampe im Haus Rabe in Zwenkau, entworfen von Adolf Rading, Artinfo24

Stahlrohrmöbel Haus Rabe
Foto: Stahlrohrmöbel, entworfen für das Haus Rabe, Artinfo24

Bauhaus Denkmal in Zwenkau

Heute steht das Haus Rabe als eines der authentischsten Bauhaus-Ensembles Deutschlands unter Denkmalschutz. Das Denkmal wurde von Horst Schmitter übernommen und der Kulturstiftung Leipzig übertragen. 2017 - 2018 erfolgten erneute Sanierungsmaßnahmen um das Bauhaus Zeitdokument auch der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Besucher erleben auf Führungen ein Gesamtkunstwerk aus Architektur, Kunst und Farbe. Besonders eindrucksvoll ist, wie Licht und Raum miteinander spielen – sobald Sonnenlicht durch die Fenster fällt, erwachen die Farbflächen von Schlemmer zum Leben.

Die Stiftung Haus Rabe bietet regelmäßig interessante und rührende Führungen, Vorträge und Veranstaltungen an, die den Ort zu einem lebendigen Denkmal der Moderne machen.

Bücher zum Thema

- Rading trifft Schlemmer: Bau Haus Kunst (116 Seiten)
- Bauhaus_Sachsen: Katalog zur Ausstellung im Grassi Museum (592 Seiten)

Fazit: Mut, Kunst und Bauhaus-Geist

Das Haus Rabe in Zwenkau erzählt mehr als nur Architekturgeschichte. Es ist ein Haus, das vom Mut einer Familie, der Vision eines Architekten und der Kraft einer künstlerischen Idee berichtet. Wer verstehen möchte, wie eng Kunst, Leben und Geschichte miteinander verwoben sein können, sollte diesen Ort besuchen – ein Stück gelebtes Bauhaus, das bis heute bewegt.

Besucherinformationen

Adresse: Haus Rabe, Ebertstraße 26, 04442 Zwenkau
Führungen: nach Voranmeldung – aktuelle Termine unter www.haus-rabe.de
Hinweis: Die Teilnehmerzahl ist begrenzt – frühzeitig buchen empfohlen!

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